Belgien optimistisch: Einigung auf umstrittene Chatkontrolle vor Europawahlen

Die belgische Präsidentschaft des EU-Ministerrats ist zuversichtlich, dass sich die Mitgliedstaaten trotz anfänglicher Schwierigkeiten vor den Europawahlen im Juni auf die umstrittene Chatkontrolle einigen können. Dies zeigt, dass Totgeglaubte länger leben.

In einem aktuellen Entwurf betont die belgische Präsidentschaft, dass der neueste Versuch, Änderungen an der umstrittenen Initiative der EU-Kommission zur Online-Überwachung vorzunehmen, bei den nationalen Regierungen auf mehr Zustimmung stößt. Diese Initiative soll angeblich dem Kampf gegen sexuellen Kindesmissbrauch dienen.

Belgien präsentiert den Entwurf am 1. März der Arbeitsgruppe für Strafverfolgung und kommt zu dem Schluss, dass ausreichend Unterstützung vorhanden ist, um den innovativen Ansatz weiterzuentwickeln.

Der überarbeitete Entwurf legt präzisere Anordnungen zur Aufdeckung von Vergehen fest. Dies soll durch eine verbesserte Risikobewertung und -kategorisierung sowie den Schutz von Cybersicherheit und verschlüsselten Daten gewährleistet werden.

In dem überarbeiteten Artikel 4 wird klargestellt, dass Anbieter von Diensten wie WhatsApp, Signal und Threema nicht dazu verpflichtet sind, Zugang zu Ende-zu-Ende-verschlüsselten Daten zu gewähren. Allerdings sollen Dienste mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung weiterhin Teil der Ermittlungsanordnungen bleiben. Es ist jedoch unklar, wie die technischen Sicherheitsvorkehrungen geschützt werden sollen.

Die belgische Präsidentschaft schlägt vor, drei Kategorien zu definieren, in denen Teile oder Komponenten von Dienstleistungen je nach Risikograd als hoch, mittel oder gering eingestuft werden könnten. Die Klassifizierung soll auf objektiven Parametern basieren, um eine objektive Definition zu gewährleisten.

Durch diesen Prozess erhalten Dienstleister eine Anleitung zur Selbstbewertung und die entscheidende Koordinierungsbehörde erhält relevante Kriterien zur Verfügung gestellt, um über die Beantragung von Aufdeckungsanordnungen zu entscheiden. Das EU-Zentrum für den Schutz von Kindern könnte ebenfalls Informationen oder Ratschläge zur Verfügung stellen, um mögliche Lösungen anzubieten oder Stichproben durchzuführen.

Basierend auf den Anmerkungen der nationalen Delegationen schlägt die Präsidentschaft vor, dass nur Dienste mit hohem Risiko oder Teile davon als letztes Mittel einer Aufdeckungsanordnung unterliegen sollten, wenn die zusätzlichen Maßnahmen zur Risikominderung nicht ausreichend wirksam sind. Die Koordinierungsbehörde sollte stets das mildeste Mittel einsetzen.

Zusätzlich sollten Überwachungsmaßnahmen auf Benutzer ausgerichtet werden, die aufgrund mehrerer Übereinstimmungen automatisch als potenzielle Absender oder Empfänger von Material über sexuellen Kindesmissbrauch identifiziert wurden oder nach entsprechenden Kontakten mit Minderjährigen suchen.

Der EU-Abgeordnete Patrick Breyer (Piratenpartei) warnt aus bürgerrechtlicher Perspektive davor, dass die Regierungen im Geheimen extreme Maßnahmen durchsetzen möchten. Der ursprüngliche Entwurf der Kommission soll im Wesentlichen beibehalten werden. Die Beschränkung auf Hochrisikodienste sei irrelevant, da jeder Kommunikationsdienst potenziell für den Missbrauch illegaler Darstellungen genutzt werden könne.

Die Einstufung der großen Dienste soll von Irland vorgenommen werden, einem entschiedenen Verfechter der Chatkontrolle. Zudem bestehe die Absicht, die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zu umgehen, indem Smartphones durch Client-Side-Scanning in Spionagegeräte verwandelt werden.

Es ist besorgniserregend, dass selbst EU-Staaten, die bisher kritisch waren, die überarbeiteten Pläne loben und die Möglichkeit einer Sperrminorität nicht mehr besteht. Selbst die Bundesregierung hat bisher keine eindeutige Ablehnung der flächendeckenden Chatkontrolle unverschlüsselter Dienste geäußert.

Schlagwörter: Belgien + WhatsApp + Grooming

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  • 21. März 2024