Deutsche Netzbetreiber setzen Regierung unter Druck: Klarheit beim Glasfaserausbau gefordert

Die deutschen Verbände der Netzbetreiber setzen die Bundesregierung zunehmend unter Druck und fordern Klarheit über den Ausbau von Glasfasernetzen durch die Deutsche Telekom. In Schreiben an Bundeskanzler Olaf Scholz, Finanzminister Christian Lindner und Digitalminister Volker Wissing verlangen die Präsidenten der Verbände Anga, Breko und VATM eine rasche und transparente Klärung sowie entschlossenes Vorgehen.

Der Konflikt dreht sich um den parallelen Ausbau von Glasfasernetzen in ländlichen Gebieten. Die Verbände behaupten, dass die Telekom gezielt in Gebieten ausbaut, in denen bereits Wettbewerber aktiv sind oder zukünftige Bauprojekte geplant sind. Dies führe zu einer zusätzlichen Belastung der begrenzten Kapazitäten im Bereich des Leitungsbaus.

Die Telekom weist diese Vorwürfe in der Regel zurück und betont, dass auch sie selbst von Überbau betroffen sei. In größeren Städten stellt ein gesunder Wettbewerb in der Infrastruktur kein Problem dar und wird sogar begrüßt. Allerdings besteht die Befürchtung, dass der Ausbau von Netzwerken in dünn besiedelten Gebieten unrentabel werden könnte, wenn plötzlich ein Konkurrent auftaucht und bereits eingeplante Kunden abwirbt. Die Verbände behaupten sogar, dass allein die Ankündigung der Telekom, Kunden abzuwerben, in einigen Fällen ausreiche.

Dieser Streit besteht bereits seit einiger Zeit und beide Seiten stützen sich auf in Auftrag gegebene Studien, um ihre Positionen zu stärken. Im letzten Sommer wurde eine Überwachungsstelle bei der Bundesnetzagentur eingerichtet, um Beschwerden von Unternehmen zu sammeln und ein umfassendes Bild der Problematik des Überbaus zu zeichnen. Ursprünglich war geplant, Anfang des Jahres eine Zwischenbewertung vorzunehmen und einen Bericht vorzulegen, was bisher jedoch noch nicht geschehen ist.

Die Bundesnetzagentur hat die Atmosphäre weiter angeheizt, indem sie eine eigene Auftragsstudie veröffentlicht hat, die dem Wettbewerb auf dem Mobilfunkmarkt eine einwandfreie Gesundheitsbescheinigung ausstellt. Die Festnetzbetreiber, die auf die Vorleistungen der Mobilfunkanbieter angewiesen sind, betrachten das Dokument jedoch als grob fehlerhaft und von Eigeninteressen geleitet.

Die Atmosphäre zwischen den Netzbetreibern ist angespannt und vonseiten des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) sowie der Bundesnetzagentur wird erwartet, dass die Monitoring-Stelle ihre Ergebnisse endlich öffentlich macht. In einem Schreiben an Digitalminister Wissing drücken die Verbände ihre Meinung ungewöhnlich klar aus und kritisieren, dass trotz des Wissens über das Problem und dessen negative Auswirkungen bisher wenig unternommen wurde.

Um ihren Forderungen zusätzlichen Nachdruck zu verleihen, wird auch ein Schreiben an Bundeskanzler Scholz gerichtet. Die Verbände bemängeln, dass die Auswertung, die seit Wochen dem für das BMDV zuständigen Staatssekretär Stefan Schnorr vorliegt, bisher nicht veröffentlicht wurde. Sie äußern ihre Besorgnis darüber, dass die Bundesregierung offensichtlich zentrale Ergebnisse einer bedeutenden Bewertung nicht öffentlich bekanntgeben möchte, um die Deutsche Telekom zu schützen.

In dem Schreiben an den Bundeskanzler wird betont, dass es dringend notwendig ist, eindeutig gegen eine strategisch schädliche parallele Entwicklung vorzugehen. Es wird erwartet, dass die Telekom, die immer noch zu einem erheblichen Teil im Besitz des Bundes ist, selbst für angemessene Transparenz beim Ausbau sorgt, andere Unternehmen nicht verdrängt und nicht aus Eigeninteresse die Ziele der Bundesregierung sabotiert.

Dem Bundesfinanzminister Lindner wird mitgeteilt, dass das wettbewerbsschädliche Verhalten der Telekom negative Auswirkungen auf den Staatshaushalt hat. Durch das gezielte Auswählen besonders rentabler Gebiete steigt der Bedarf an staatlicher Förderung erheblich, da weniger privatwirtschaftlicher Ausbau stattfindet.

Ein Sprecher des Digitalministeriums erklärte, dass noch kein Bericht vorliege. Sowohl Unternehmen, die den Ausbau vorantreiben, als auch kommunale Behörden haben eine Vielzahl von Fällen von Überbau gemeldet. Die Untersuchung der Sachlage durch die Monitoringstelle ist noch nicht abgeschlossen.

Ein Vertreter der Telekom wies die Anschuldigungen der Verbände zurück und erklärte, dass es den Anschein habe, dass die Konkurrenten alle möglichen Maßnahmen ergreifen, um Druck auf eine unabhängige Behörde auszuüben. Die Telekom realisiere die Mehrheit der neu verlegten Glasfaseranschlüsse in Deutschland und sei dabei selbst von Überbau betroffen. Insgesamt wurden 200 Fälle von Überbau von der Bundesnetzagentur gemeldet, auch von der Telekom selbst.

Schlagwörter: Telekom + Olaf Scholz + Christian Lindner

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  • 28. März 2024