Die Ampel-Koalition, die sich für mehr Transparenz und Beteiligung in ihren Entscheidungen einsetzt, wird in Bezug auf Überwachungsfragen ihrer eigenen Ansprüche nicht gerecht. Das Bundesinnenministerium (BMI) hat sämtliche Formen der verdeckten staatlichen Überwachung als geheim eingestuft und veröffentlicht keine Informationen mehr darüber, wie häufig stille SMS oder Funkzellenabfragen verwendet werden.
Diese Geheimhaltung stößt auf Kritik von Ann Cathrin Riedel, der Vorsitzenden des netzpolitischen Vereins Load, der der FDP nahesteht. Sie betrachtet die Geheimhaltung als unannehmbar. Ihrer Meinung nach haben wir tatsächlich die fortschrittlichste Regierung seit vielen Jahrzehnten. Doch gerade in der aktuellen Amtsperiode der Ampel-Regierung werden die Daten zur Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) geheimgehalten und dürfen nicht mehr öffentlich gemacht werden.
Im Jahr 2023 veröffentlichte das BMI zumindest noch Daten über den zunehmenden Einsatz von stillen SMS durch das Bundeskriminalamt (BKA) und die Bundespolizei. Im Jahr 2022 wurden von beiden Behörden zusammen insgesamt 99.901 dieser Stealth Pings versendet, um Personen zu lokalisieren. Im Jahr 2012 wurden ähnliche Zahlen für den Zoll vom Innenministerium als Verschlusssache (VS) nur für den Dienstgebrauch (NfD) eingestuft, während diejenigen für das Bundesamt für Verfassungsschutz im Jahr 2019 als geheim klassifiziert wurden.
In seiner Antwort auf eine Anfrage der Gruppe BSW verweist das Bundesinnenministerium (BMI) nun auch in Bezug auf die beiden Polizeibehörden des Bundes auf die vertraulichen oder als Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch (VS-NfD) eingestuften Teile seiner Ausführungen, zu denen sich Abgeordnete nicht öffentlich äußern dürfen.
Das BMI erklärt, dass die Geheimhaltung notwendig ist, um potenzielle Rückschlüsse auf die Vorgehensweisen, Fähigkeiten und Methoden der Ermittler und Agenten zu vermeiden. Dies könnte wiederum die Leistungsfähigkeit der ausführenden Behörden beeinträchtigen. Das Ministerium gibt lediglich bekannt, dass das BKA keine Personen, die durch heimliche SMS aufgespürt wurden, über die Maßnahme informiert hat. Darüber hinaus erhebt die Bundespolizei keinerlei statistische Daten über die Anzahl der Betroffenen. Die entsprechenden Staatsanwaltschaften werden grundsätzlich über diese Angelegenheiten informiert.
Die Regierung gibt mittlerweile auch keine Informationen mehr zur Funkzellenauswertung bekannt. Im Jahr 2022 hatte das BMI noch mitgeteilt, dass die Bundespolizei in 105 Fällen Funkzellen abgefragt hat. Jetzt wird argumentiert, dass öffentliche Statistiken die Durchführung umfassenderer Ermittlungsmaßnahmen erschweren oder sogar verhindern würden. Die Priorität liegt darauf, das öffentliche Interesse an einer funktionsfähigen Strafrechtspflege zu gewährleisten.
Das BMI nennt vergleichbare Begründungen dafür, warum es keine Daten mehr über den Einsatz von IMSI- und WLAN-Catchern veröffentlicht, die zur Ortung von Standorten sowie zur Erfassung von Geräte- und Kartennummern verwendet werden können.
Seit geraumer Zeit gibt die Regierung keine öffentlichen Informationen mehr preis über die Anzahl der Fälle, in denen Bundesbehörden Staatstrojaner für Quellen-TKÜ oder heimliche Online-Durchsuchungen eingesetzt haben. Nur die Länder und der Generalbundesanwalt haben Zugang zu den veröffentlichten offiziellen Statistiken.
Im Koalitionsvertrag hat sich die Ampel-Regierung das Ziel gesetzt, eine Sicherheits- und Kriminalpolitik zu etablieren, die auf vorausschauenden, evidenzbasierten und grundrechtsorientierten Prinzipien beruht. Aus diesem Grund ist geplant, eine umfassende Bilanz der Überwachungsmaßnahmen zu erstellen und bis spätestens Ende 2023 eine unabhängige wissenschaftliche Bewertung der Sicherheitsgesetze durchzuführen. Bislang sind hier jedoch nur geringe Fortschritte zu verzeichnen.
Im Gegensatz dazu gibt das Bundesfinanzministerium Informationen über Kontenabfragen heraus, die laut einer aktuellen Antwort insgesamt auf 1,4 Millionen gestiegen sind. Demnach hat das Bundeszentralamt für Steuern 169.901 Abfragen für die Finanzämter und 844.427 für Gerichtsvollzieher durchgeführt. Die übrigen Anfragen bezogen sich auf zusätzliche Informationsanforderungen.
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