Microsoft setzt seine Pläne konsequent um: Nachdem Microsoft Teams von Office 365 bereits im vergangenen Jahr in der EU separat angeboten wurde, wird es nun weltweit getrennt. Es scheint, dass dies positive Auswirkungen auf Innovation und Wettbewerb im Markt für Videokonferenz-Software haben könnte. Microsoft teilt diese Ansicht, da die Entbündelung auf das Feedback der Europäischen Kommission reagiert und multinationalen Unternehmen mehr Flexibilität bietet, wenn sie ihre Einkäufe geografisch standardisieren möchten. Jedoch wird lieber verschwiegen, dass dieses vermeintlich informelle Feedback der EU-Kommission tatsächlich eine potenzielle Kartellstrafe in beträchtlicher Höhe bedeuten könnte. Letztendlich handelt es sich um eine ungünstige Situation für das Image des Unternehmens.
Was der US-Softwareriese als bedeutenden Schritt im Sinne der Kundenfreundlichkeit öffentlich verkündet, entpuppt sich letztendlich als langanhaltende Farce, die bereits seit Jahren besteht. Dies hat keine Auswirkungen auf die Förderung von Innovation und die Stärkung des Wettbewerbs. Die technische Seite ist ein Aspekt, während die kartellrechtliche Dimension eine völlig andere ist.
Oftmals werden Kartellverfahren erst spät eingeleitet, nämlich dann, wenn sich ein Konkurrent beschwert und der Schaden bereits entstanden ist. Dies gilt auch für Microsoft Teams, nachdem die Konkurrenz in Form von Slack im vergangenen Jahr den Anstoß für eine kartellrechtliche Untersuchung durch die EU-Kommission gegeben hatte. Und das aus gutem Grund: Teams hat sich insbesondere während der Corona-Pandemie einen Namen gemacht, als Videokonferenzen aufgrund der Umstände zur neuen Form der Kommunikation wurden.
Microsoft reagierte frühzeitig auf diese Erkenntnis und beseitigte die unerwünschte Konkurrenz, indem Teams ab sofort in Office integriert wurde. Kritiker könnten den Standpunkt vertreten, dass dies ein Beispiel für freie Marktwirtschaft ist, bei dem sich das überlegene Produkt durchsetzt. Jedoch trifft dies hier nicht einmal zu.
Nach mehreren Jahren wurde die Situation auf dem Markt für Videokonferenztools bereinigt und laut Statista ist die Anzahl der täglich aktiven Teams-Nutzer in den letzten vier Jahren von 20 Millionen auf 300 Millionen angestiegen. Es ist offensichtlich, dass die gut durchdachte Salamitaktik von Microsoft in Bezug auf das Bündeln von Produkten Wirkung zeigt. Zunächst werden konkrete Tatsachen auf dem Softwaremarkt geschaffen und bei Beschwerden werden dann geringfügige Zugeständnisse gemacht. Jedoch wird immer nur in dem Maße vorgegangen, dass am Ende zwei Schritte vorwärts und höchstens einer zurück gemacht werden. Und wenn es eine Tradition bei Microsoft gibt, dann diese. Der Softwarekonzern spielt schon seit Jahrzehnten erfolgreich dasselbe Spiel, wie etwa beim Netscape Navigator 1998, Java im Jahr 2002, Mozilla und Opera 2008.
Wenn man das weiß, erscheint es umso bedauerlicher, dass Microsoft trotzdem öffentlich betont, seine Verantwortung als wichtiger Technologieanbieter anzuerkennen und ein gesundes Wettbewerbsumfeld zu fördern. Denn genau dieses gesunde Wettbewerbsumfeld ist zumindest auf dem Markt für Videokonferenzsysteme nicht mehr vorhanden. Eine große Anzahl von Videokonferenzen findet nun und auch in Zukunft über Teams statt – jedoch nicht, weil es besser, günstiger oder innovativer ist, sondern weil es bequemer ist und seit 2020 ausreichend Zeit vergangen ist, um entsprechende Nutzergewohnheiten zu etablieren.
Was bisher als bedeutender Fortschritt für Kunden, den freien Softwaremarkt und als großzügige Geste von Big-Tech verkauft und gefeiert wurde, erweist sich tatsächlich als langfristige Strategie, die dem bewährten Prinzip der Salamitaktik folgt. Das aktuelle Kartellverfahren wird gestoppt und die Aufsichtsbehörden werden beruhigt.
Es besteht daher ein dringender Bedarf an Veränderungen auf dem europäischen und globalen Softwaremarkt. Entscheidend ist nicht das Hin und Her eines einzelnen großen Technologieunternehmens im Namen der Technologieoffenheit im Wettbewerbsrecht, sondern vielmehr ein grundlegendes Umdenken im europäischen Cloud-Ökosystem. Dieses Ökosystem bildet mittlerweile das technische Rückgrat für die meisten wirtschaftsrelevanten Software-Produkte. Besonders umfangreiche rechtliche und politische Reformen sind dafür erforderlich.
Natürlich ist dies nicht nur ein Problem, das Microsoft betrifft, sondern betrifft den gesamten Cloud-Dienstemarkt in der EU. Einerseits wird viel über Technologiesouveränität gesprochen, andererseits fehlen belastbare rechtliche Grundlagen für Cloud-Innovationen auf dem europäischen Markt. Anstatt dessen dominieren US-Unternehmen wie Microsoft den Markt zunächst durch Produktbündelung und erlangen dann praktisch eine beherrschende Stellung. Zusätzlich dazu führen die unfaireren Lizenzpraktiken, die aus dieser Produktbündelung resultieren, dazu, dass Big-Tech-Konzerne wie Microsoft nicht nur einen unverdienten Vorteil erhalten, sondern auch jeglichen Cloud-Wettbewerb und die technologische Souveränität in der EU unterdrücken.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die derzeitige freiwillige Trennung von Microsoft Teams nichts weiter als ein PR-Trick ist, der das bestehende Monopol von Microsoft im Bereich Cloud-Dienstleistungen weiterhin verschleiert. Anstatt sich mit unzureichenden Lösungen für einen digital souveränen EU-Cloud-Markt zufrieden zu geben, sind grundlegende Reformen erforderlich, um faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen und ein positives Innovationsumfeld für alle zu fördern.
Schlagwörter: EU Microsoft + Office + Microsoft
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