EuGH: Deutsche Ermittlungsbehörden dürfen Daten von Encrochat nutzen

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am Dienstag entschieden, dass andere EU-Staaten deutsche Ermittlungsbehörden im Rahmen der internationalen Rechtshilfe mit Daten beliefern können, die über den verschlüsselten Kommunikationsdienst Encrochat ausgetauscht wurden. Unter bestimmten Bedingungen darf ein Staatsanwalt eine Europäische Ermittlungsanordnung (EEA) erlassen, um Beweismittel aus einem anderen Mitgliedstaat anzufordern, ohne dass eine zusätzliche Zustimmung eines Richters erforderlich ist. Die Luxemburger Richter sind der Meinung, dass nicht alle Voraussetzungen erfüllt sein müssen, die im Anordnungsstaat gelten, um eine EEA zu erlassen.

Vor anderthalb Jahren bat das Landgericht Berlin den EuGH um Klärung in einem Fall von illegalem Drogenhandel. Es ging darum festzustellen, ob deutsche Strafverfolgungsbehörden gegen EU-Vorschriften verstoßen haben, indem sie Daten aus der Infiltration von Encrochat erhalten haben. Es sollte auch untersucht werden, ob ein möglicher Verstoß Auswirkungen auf die Verwendbarkeit der erhaltenen Informationen im Strafverfahren haben könnte. Die Berliner Richter waren unsicher über die möglichen Konsequenzen, wenn eine Telekommunikationsüberwachung alle Anschlüsse eines Dienstes auf dem Hoheitsgebiet umfasst, obwohl es keine konkreten Hinweise auf schwere Straftaten durch einen einzelnen Nutzer gibt.

Das Urteil in der Rechtssache C-670/22 stellt klar, dass es grundsätzlich keine Rolle spielt, dass die umstrittenen Beweise von den französischen Behörden in Deutschland erhoben wurden und dies im Interesse der deutschen Strafverfolgungsbehörden geschah. Ein Gericht, das mit einem Rechtsmittel gegen die Anordnung der Staatsanwaltschaft befasst ist, muss jedoch in der Lage sein, die Grundrechte der betroffenen Personen zu überprüfen. Der EuGH betont außerdem, dass der Mitgliedstaat, in dem sich die Zielperson der Überwachung befindet (in diesem Fall Deutschland), über eine Maßnahme informiert werden muss, bei der Verkehrs-, Standort- und Kommunikationsdaten eines internetbasierten Kommunikationsdienstes abgefangen werden, indem Endgeräte infiltriert werden.

Gemäß den Richtern in Luxemburg hat die zuständige Behörde des EU-Landes die Möglichkeit, den originär zuständigen Strafverfolgungsbehörden mitzuteilen, dass die Überwachung des Telekommunikationsverkehrs nicht durchgeführt werden kann oder abgebrochen werden muss, wenn sie in einem vergleichbaren innerstaatlichen Fall nicht genehmigt würde. Diese Verpflichtungen dienen neben der Gewährleistung der Souveränität des informierten Mitgliedstaats auch dem Schutz der betroffenen Personen.

Der EuGH betont außerdem, dass das nationale Strafgericht gezwungen sein kann, Beweismittel in einem Strafverfahren gegen einen Verdächtigen außer Acht zu lassen, falls der Betroffene nicht in der Lage ist, dazu Stellung zu nehmen. Ebenso ist dies der Fall, wenn die Vorwürfe das Potenzial haben, die Bewertung der Tatsachen maßgeblich zu beeinflussen. Die Richter aus Luxemburg erweitern damit die Vorgaben über das Plädoyer von Generalanwältin Tamara apeta hinaus, die argumentierte, dass die Überwachung des Telekommunikationsverkehrs bereits von französischen Gerichten genehmigt wurde.

In den vergangenen Monaten wurden Tausende von Menschen in ganz Europa von Strafverfolgungsbehörden festgenommen, nachdem Encrochat infiltriert wurde. Kritiker monieren, dass dies auf mindestens zweifelhafte Beweise und Verfahren zurückgeht. Im vergangenen Jahr hat das Bundesverfassungsgericht eine entsprechende Beschwerde jedoch nicht zur Entscheidung angenommen.

Schlagwörter: EuGH + Deutschland + Encrochat

Wie bewerten Sie den Schreibstil des Artikels?
1 Star2 Stars3 Stars4 Stars5 Stars
  • 30. April 2024