Der Digitalverein D64, der der SPD nahesteht, hat große Bedenken gegen die Online-Werbeplattform Utiq (ehemals TrustPid) geäußert. Die Gründer Deutsche Telekom, Orange, Telefonica und Vodafone erhielten im Jahr 2023 von der EU-Kommission die Erlaubnis, das AdTech-Unternehmen zu betreiben. Die führenden europäischen Netzbetreiber haben das Ziel, Medien und Anzeigenkunden eine Alternative zu den US-Werbenetzwerken von Google und Meta anzubieten, die den EU-Datenschutzvorschriften entspricht.
Allerdings äußert D64 Kritik daran, dass Utiq die Daten von möglicherweise mehreren Hundert Millionen Kunden der großen Telekommunikationsanbieter sammelt und nutzt. Die Mehrheit der Nutzer solcher Online-Dienste ist sich der möglichen Überwachung im Big-Brother-Stil nicht bewusst. Aktuelle Tracking-Methoden wie Drittanbieter-Cookies werden immer häufiger von gängigen Browsern blockiert, und Google plant sogar, sie vollständig auszusondern.
Gemäß der Analyse von D64 soll Utiq demnach die Verfolgung der Aktivitäten von Nutzern und die Erfassung ihrer Vorlieben über deren Smartphones übernehmen und automatisch Werbebanner zum Verkauf anbieten. Die Autoren erklären, dass dabei die IP-Adressen und Mobilfunknummern verwendet werden, um eine pseudonyme Kennung zu erstellen.
Laut dem Papier beginnt der Prozess damit, dass die Webseite eines Utiq-Kunden, wie zum Beispiel einer Online-Zeitung, über ein Handy geöffnet wird. Dort wird die Zustimmung der betroffenen Personen unabhängig von einem herkömmlichen Cookie-Banner eingeholt. Wenn die Nutzer zustimmen, werden sie verfolgt. Bei späteren Besuchen der ursprünglichen Webseite oder anderer Services, die Utiq verwenden, könnten sie anhand einer pseudonymen Kennung in Form eines Network Signals und weiteren darauf basierenden IDs erneut erkannt werden.
Zu den derzeitigen 64 deutschen Medienpartnern von Utiq gehören namhafte Zeitungen wie die FAZ, die Süddeutsche Zeitung, das Handelsblatt, die Hamburger Morgenpost sowie Zeitungen der Ippen-Gruppe wie die Frankfurter Rundschau. Sie verfolgen die Strategie, Besucher mithilfe personalisierter Werbung anzusprechen.
D64 begrüßt die vertraglich festgelegte Standardisierung der Gestaltung und des Inhalts der Informationen, die in den Consent-Bannern angezeigt werden, sowie die Ablehnung von Dark Patterns, die Nutzer mit manipulativen Designtricks zur Einwilligung verleiten sollen. Außerdem besteht die Möglichkeit, über einen Consent Hub allen Verarbeitungen durch Utiq zumindest für ein Jahr lang einfach und zugänglich zu widersprechen. Die Verfasser sehen als Nachteil, dass ein zusätzliches Zustimmungsbanner neben den herkömmlichen Cookie-Schaltflächen voraussichtlich als lästig empfunden wird. Dadurch sinkt die Bereitschaft der Nutzer, sich mit der Verarbeitung ihrer eigenen Daten auseinanderzusetzen.
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit und es ist wahrscheinlich, dass Kunden den Tracking-Dienst von Utiq mit anderen Tracking-Technologien kombinieren und somit die verwendeten Pseudonymisierungen und andere Datenschutzbestimmungen umgehen können. Im Ergebnis hätten Nutzer durch Utiq weniger anstatt mehr Kontrolle über die Nutzung ihrer persönlichen Informationen.
D64 warnt vor erheblichen Missbrauchsrisiken, da der AdTech-Verbund eine umfangreiche Sammlung der Webseiten erstellt, die von den Benutzern in den letzten 90 Tagen besucht wurden. Sowohl Werbetreibende als auch böswillige Akteure wie Cyberkriminelle und Strafverfolgungsbehörden zeigen großes Interesse an dieser Datensammlung.
Weiterhin wird erwähnt, dass es möglich ist, dass ein Dritter auf die bei Utiq und dem Telekommunikationsunternehmen gespeicherten Daten zugreifen kann, sei es durch einen unrechtmäßigen Angriff oder aufgrund einer behördlichen Anordnung. In solchen Fällen kann das pseudonyme Network Signal den Anschlussinhabern zugeordnet werden.
Die Datensammlung, die ausschließlich für Werbezwecke gedacht ist, würde es ermöglichen, Informationen über die Internetaktivitäten einer Person zu erhalten, mit deren Hilfe ein umfassendes Persönlichkeitsprofil mit intimen Details erstellt werden kann.
Der Verein zieht als Schlussfolgerung, dass mit Utiq ein weiterer Service für die Werbeindustrie entsteht, der die Privatsphäre der Nutzer durch Tracking und Erstellung von Profilen gefährdet. Um den Schutz dieser Daten zu gewährleisten, wäre es stattdessen notwendig, dass sich echte Alternativen wie kontextbasierte Werbung im digitalen Raum etablieren.
Nach Meinung von Kritikern hat sich die AdTech-Branche insgesamt zu einer Industrie mit einem Wert von 650 Milliarden US-Dollar entwickelt, die auch als unsichtbare Macht technische Standards festlegt. Das dezentrale Überwachungssystem verwandelt jede kleinste Bewegung der Bürger in eine vermarktbare Form.
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