Forscher des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) haben neue Modellierungen entwickelt, um elektrostatische Spritzlackierungen zu verbessern. Die neuen Modelle verringern den Sprühnebel und erhöhen die Effizienz des Lackierprozesses. Erstmals wird in einem Computermodell veranschaulicht, wie die physikalischen Abläufe bei der elektrostatisch unterstützten Spritzlackierung miteinander interagieren.
Dr. Oliver Tiedje, ein Physiker am IPA, erklärt, dass eine Verbesserung der Effizienz nur möglich ist, wenn man das Vorgehen versteht. Bisher musste man beim elektrostatisch unterstützten Spritzlackieren auf Versuch und Irrtum zurückgreifen. Die neue Modellierung ermöglicht es, Lacke, Lackieranlagen und Prozesse in Lackierbetrieben zu verbessern und zu optimieren.
Die elektrostatische Lackapplikation wurde bereits in den 1940er Jahren entwickelt, um den Verlust von Sprühnebel zu minimieren. Bei diesem Prozess erzeugt eine rotierende Glocke, die unter Spannung steht, Farbtröpfchen mit negativer Ladung und beschleunigt sie auf hohe Geschwindigkeiten. Durch das Vorhandensein eines Hochspannungsfeldes zwischen der Glocke und dem zu lackierenden Bauteil wird die Flugbahn der Lacktröpfchen beeinflusst. Dadurch kann der Verlust an Sprühnebel auf lediglich 20 Prozent reduziert werden, anstatt der üblichen über 50 Prozent.
Im Rahmen des Forschungsprojekts MoELa am IPA wurde in Zusammenarbeit mit Ingenieuren der Hochschule Esslingen eine Schwachstelle identifiziert und behoben, um den Prozess weiter zu optimieren. Zunächst wurden Lacke mit experimentellen Modifikationen untersucht, um ihre Leitfähigkeit zu verbessern. Anschließend wurden diese Lacke mithilfe eines Lackierroboters auf die Bauteile aufgetragen und der Vorgang wurde mit einer Hochgeschwindigkeitskamera festgehalten. Durch die Analyse der Bilder konnten die Geschwindigkeit und Größe der Tröpfchen sowie die Ladungsmenge auf dem Bauteil bestimmt werden.
Das Forscherteam wurde von den Ergebnissen überrascht: Trotz der höheren Menge an versprühtem Lack blieb die Ladungsmenge unverändert. Die Durchführung einer Simulation am Computermodell hat letztendlich ergeben, dass sich die Ladungen an der Grenzfläche zwischen dem Lack und der Luft befinden. Durch eine Erhöhung der aufgetragenen Lackmenge bleibt die Oberfläche der Glocke unverändert, wodurch die Ladungsmenge gleich bleibt.
Durch die Simulationen können Lackhersteller herausfinden, welche Menge an Additiven für elektrostatische Lackierprozesse optimal ist. Darüber hinaus bieten sie Unterstützung für Anlagenbauer bei der Testphase neuer Glockendesigns oder Prozessabläufe. Lackierbetriebe haben durch die Simulationen die Möglichkeit, die Prozessparameter für unterschiedliche Bauteile zu optimieren und somit die Anzahl der Probelackierungen zu reduzieren.
Das Forschungsprojekt MoELa wurde in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IPA und der Hochschule Esslingen von Juni 2021 bis November 2023 durchgeführt. Während dieser Zeit wurde das Projekt von 24 Unternehmen aus der Lackbranche unterstützt. Die Initiative erhielt Fördermittel vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.
Schlagwörter: Oliver Tiedje + MoELa + Esslingen
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