Die Bundesregierung hat zwei Monate vor Weihnachten ihren Wunschzettel für die Überarbeitung der EU-Digitalgesetzgebung, den sogenannten Digital-Omnibus, nach Brüssel geschickt. Auf zehn Seiten sind detaillierte Änderungswünsche festgehalten, einige davon tiefgreifender Natur und über das übliche Maß bei solchen Verfahren hinausgehend. Daher wurde intensiv innerhalb der Regierungsspitze verhandelt. Insbesondere die KI-Verordnung sorgt für umfangreiche Änderungsvorschläge, untermauert durch ein von den Mitgliedstaaten zunächst stolz beanspruchtes Vorhaben, eine neue Technologie frühzeitig zu regulieren. Nun stehen jedoch grundlegende Veränderungen im Raum.
Im Mittelpunkt steht der Vorschlag, die Anwendung in zwei zentralen Hochrisikobereichen, definiert in Anhang I und III der KI-Verordnung, um ein Jahr zu verschieben. Anhang I umfasst bereits anderweitig regulierte Systeme wie Spielzeug oder Motorboote, während Anhang III Bereiche wie biometrische Überwachung und kritische Infrastruktur behandelt. Digitalminister Karsten Wildberger hatte diesen Vorschlag bereits vor Monaten angesprochen, und nun wird er in der Bundesregierung konkret umgesetzt: Die erweiterte Regulierung nach der KI-VO soll statt im Jahr 2026 erst ab 2027 greifen.
Hinzu kommt die Forderung, die Kriterien zur Klassifizierung von Allzweck-KI-Modellen (gpAI) mit systemischem Risiko zu überarbeiten. Bisher war die Festlegung vor allem an der Rechenpower des Trainingsdatensatzes gekoppelt, was Kritik hervorrief. Die Bundesregierung strebt nun eine differenzierte Betrachtung jenseits dieser reinen Rechenleistung an.
Besonders kontrovers dürfte die Forderung nach einer vollständigen Streichung der Folgeabschätzung für Hochrisikosysteme im Hinblick auf Menschenrechte sein. Diese Frage nach potenzieller Diskriminierung, die durch algorithmisch erlernte Muster oder Trainingsdatensätze perpetuiert wird, sowie die Überprüfung, ob nicht-europäische Modelle den europäischen Wertevorstellungen widersprechen, waren zentrale Aspekte in der Entstehung der KI-Verordnung. Die nun geforderte Streichung dieses Aspekts bringt hohe Debattenpotenziale mit sich und stellt ein zentrales Thema der Diskussionen im Rahmen des Digital-Omnibus dar.
Schlagwörter: Brüssel + Anhang I + III
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