Deutsche Ermittlungsbehörden können aufatmen: Sie dürfen im Rahmen der internationalen Rechtshilfe nun doch Daten von Mobiltelefonen erhalten, die über den sicheren Kommunikationsdienst Encrochat ausgetauscht wurden. Dies ergibt sich aus den Schlussanträgen der Generalanwältin am Europäischen Gerichtshof (EuGH), Tamara Ćapeta, in einem relevanten Berliner Fall, in dem die App geknackt wurde. Die Richter in Berlin hatten den EuGH gebeten zu prüfen, ob die deutschen Behörden EU-Vorschriften verletzt haben, indem sie Daten aus dem Hack erlangten, und ob ein solcher Verstoß die Verwendbarkeit der Informationen in einem Strafverfahren beeinflusst.
In ihrem Plädoyer betont Ćapeta, dass eine Europäische Ermittlungsanordnung (EEA) grundsätzlich nur erlassen werden kann, wenn die darin enthaltene Ermittlungsmaßnahme unter vergleichbaren Bedingungen in einem nationalen Fall angeordnet würde. Das bedeutet, dass die behandelte Angelegenheit genauso bewertet werden muss wie ein vergleichbarer innerstaatlicher Fall, in dem Beweismittel innerhalb Deutschlands von einem Strafverfahren in ein anderes übermittelt würden.
Gemäß der EEA-Richtlinie ist die zuständige Staatsanwaltschaft grundsätzlich berechtigt, eine Ermittlungsanordnung zu erlassen. Anders als das deutsche Recht erfordert das EU-Recht keine Genehmigung durch einen Richter. Daher hatte die Berliner Staatsanwaltschaft das Recht, die entsprechende EEA zu erlassen und die Daten aus Frankreich abzufragen. Eine Genehmigung durch einen Richter ist nach EU-Recht nicht erforderlich.
Ćapeta stellt außerdem fest, dass die Überwachung des Telekommunikationsverkehrs von französischen Gerichten genehmigt wurde. Die deutschen Behörden sollten diesem Verfahrensschritt die gleiche Bedeutung beimessen, wie sie es bei einer entsprechenden innerstaatlichen richterlichen Prüfung tun würden. Selbst wenn ein deutsches Gericht in einem spezifischen Fall zu einer anderen Entscheidung kommen würde, würde dies immer noch zutreffen.
Letztendlich hängt die Zulässigkeit von Beweismitteln, die möglicherweise unter Verstoß gegen EU-Recht erlangt wurden, von nationalem Recht ab, solange die EU-Grundrechtecharta eingehalten wird. Die Schlussanträge des EuGH sind nicht verbindlich, werden jedoch oft als richtungsweisend betrachtet.
In den letzten Monaten wurden zahlreiche Personen in ganz Europa von Strafverfolgungsbehörden festgenommen, was bei einigen Kritikern Bedenken hinsichtlich zweifelhafter Beweise und Verfahren aufkommen lässt. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch kürzlich entschieden, die entsprechende Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung anzunehmen.
Alles in allem scheint es also, dass die deutschen Ermittlungsbehörden grünes Licht haben, um die Encrochat-Daten zu nutzen. Ob dies jedoch auch Auswirkungen auf die laufenden Strafverfahren haben wird, bleibt abzuwarten. Es bleibt zu hoffen, dass die Ermittlungen auf rechtsstaatlichem Boden durchgeführt werden und zweifelhafte Beweise vermieden werden. Die Entscheidung des EuGH wird sicherlich genau verfolgt und möglicherweise weitere Diskussionen über den Umgang mit solchen Fällen auslösen.
Schlagwörter: Generalanwältin am Europäischen Gerichtshof + Encrochat verschlüsselter Kommunikationsdienst + Datenübermittlung an deutsche Ermittlungsbehörden
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