NRW-Medienanstalten wollen Pornoseiten sperren – rechtliche Unsicherheit

Die Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM NRW) plant, ihre Bemühungen zur Einschränkung des Zugangs zu pornografischen Inhalten im Internet zu intensivieren. Neben der Blockierung von xHamster sollen auch die Hardcore-Portale Pornhub, YouPorn und MyDirtyHobby von den Internetanbietern gesperrt werden. Es herrscht jedoch Unsicherheit darüber, ob die Medienaufsicht und die letztendlich verantwortliche Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) noch die Autorität besitzen, solche kontroversen Anweisungen zu erlassen.

Der Hintergrund dafür liegt in einer geringfügigen Änderung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV), die von den Landesgesetzgebern im letzten Jahr vorgenommen wurde. Diese Änderung könnte erhebliche Auswirkungen auf das Vorgehen der Medienanstalten gegen Video-Sharing-Dienste in anderen EU-Ländern haben.

Im Wesentlichen besagt die neue Passage, dass der Geltungsbereich des JMStV in der EU auf in Deutschland ansässige Videoportale beschränkt ist, basierend auf der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-RL). Genauer gesagt heißt es: „Im Anwendungsbereich der Richtlinie 2010/13/EU gilt dieser Staatsvertrag für Anbieter von Video-Sharing-Diensten, wenn sie nach den Vorschriften des Telemediengesetzes in Deutschland niedergelassen sind; im Übrigen gelten die Sätze 1 bis 3.“

Die Firma Aylo (ehemals Mindgeek), Betreiber von Pornhub & Co., hat ihren Hauptsitz auf Zypern. Rechtsexperten wie der Medienrechtler Marc Liesching aus Leipzig schließen daraus, dass die LfM NRW aufgrund der geringfügigen Änderung wahrscheinlich alle Verfahren gegen diese Plattformen einstellen müsste. Liesching ist der Ansicht, dass die Landesgesetzgeber sich für eine Konzentration des Geltungsbereichs ausschließlich auf Video-Sharing-Dienste mit inländischem Hauptsitz entschieden haben, soweit es den Anwendungsbereich der AVMD-RL betrifft. Diese Auffassung steht auch im Einklang mit dem Medienstaatsvertrag (MStV) in Paragraph 1 Absatz 8, der eine nahezu identische Bestimmung enthält. Laut der Begründung des Gesetzes gelten Auflagen gemäß dem MStV nur dann, wenn der Anbieter seinen Sitz in Deutschland hat.

Ein Kommentar zu einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts NRW aus dem September 2022 legt nahe, dass die relevanten Bestimmungen des JMStV, die den Einsatz zertifizierter Altersverifikationsverfahren betreffen, auch Anbieter in anderen EU-Ländern außerhalb des Anwendungsbereichs der AVMD-RL betreffen könnten. Aufgrund dieser genannten Gründe ist es durchaus möglich, dass auch Verwaltungsgerichte einer solchen Auslegung folgen könnten, die sich am Wortlaut des Gesetzes, den Gesetzesmaterialien und der rechtlichen Systematik orientiert.

Wenn die Änderung des JMStV in Kraft tritt, könnte dies Auswirkungen auf die Befugnisse der Medienaufsicht und der KJM haben, zukünftig Maßnahmen gegen Video-Sharing-Plattformen in anderen EU-Mitgliedstaaten zu ergreifen, selbst wenn über diese Plattformen massenhaft pornografische Inhalte verbreitet werden sollten.

Die LfM NRW vertritt eine abweichende Meinung und besteht darauf, dass die bestehenden Vorschriften eingehalten werden. Laut einer Sprecherin der Anstalt ändert der überarbeitete Paragraf 2 JMStV unserer Meinung nach nichts an der Möglichkeit, gegen die umstrittenen Erotik-Dienste vorzugehen. Obwohl die Formulierung auf den ersten Blick Raum für eine andere Interpretation lässt, wie von Liesching als Option in den rechtlichen Diskurs eingebracht, ist der eigentliche Regelungsgehalt nach umfassender Betrachtung der Norm klar: Im Anwendungsbereich der AVMD-Richtlinie gilt der JMStV uneingeschränkt für im Inland ansässige Anbieter von Video-Sharing-Diensten. Darüber hinaus findet der JMStV auch Anwendung, insbesondere in Bezug auf Plattformen, die im EU-Ausland ansässig sind, jedoch unter Berücksichtigung der zusätzlichen Bedingungen gemäß Artikel 3 der E-Commerce-Richtlinie. Grundsätzlich bleibt die Situation unverändert.

Schlagwörter: Zugangsbeschränkungen + JugendmedienschutzStaatsvertrag + Plattformen im EUAusland

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  • 3. November 2023