Bei einer ersten Beratung des Gesundheitsdatennutzungsgesetzes (GDNG) und des Digitalgesetzes haben Bundestagsabgeordnete ihre Kritik am sogenannten “gläsernen Patienten” deutlich zum Ausdruck gebracht. Einige Politiker befürworten eine verstärkte Nutzung von Daten und eine fortschrittliche Digitalisierung im Gesundheitswesen, während andere den Datenschutz und die informationelle Selbstbestimmung betonen.
Georg Kippels von der CDU betonte die Bedeutung von Opt-out-Regelungen bei der Datenerhebung, um das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Patienten zu wahren. Die Versicherten sollten die Möglichkeit haben, der Datenerhebung sowohl digital als auch schriftlich zu widersprechen.
Kathrin Vogler von der Linken äußerte Bedenken darüber, dass mit dem GDNG die Daten nicht nur Ärzten und anderen Behandlern zugänglich gemacht werden sollen, sondern auch eine Weitergabe an Dritte ohne Zustimmung der Versicherten geplant ist. Vogler ist der Meinung, dass eine solche Weitergabe nur mit ausdrücklicher Erlaubnis der Versicherten erfolgen sollte.
Es besteht ein enormes wirtschaftliches Interesse an den Gesundheitsdaten, das nicht abzuschätzen ist. Der internationale Preis für einen einzelnen Datensatz mit Gesundheitsdaten beträgt 250 US-Dollar. Mit der geplanten Übertragung der Datensätze in den Europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS) ab 2025 wird es immer schwieriger zu kontrollieren, was mit den persönlichen Gesundheitsdaten geschieht.
Vogler kritisierte die Ampelkoalition und sagte, dass ihr Bild von einer heilen Welt, in der es keine Datenlecks oder Hacker gibt, mit der Realität nichts zu tun hat. Auch in der heutigen Zeit werden Menschen immer noch aufgrund von HIV, Suchtproblemen oder psychischen Erkrankungen diskriminiert und stigmatisiert. Daher ist es wichtig, dass die Selbstbestimmung der Patientinnen und Versicherten nicht leichtfertig beeinträchtigt wird.
Aus Sicht von Erwin Rüddel von der CDU kann durch die Analyse umfangreicher Datenmengen mithilfe von Künstlicher Intelligenz eine verbesserte Gesundheitsversorgung erreicht werden, indem Krankheiten frühzeitig erkannt werden. Maximilian Funke-Kaiser von der FDP spricht sich für eine ausgewogene Balance zwischen Datenschutz, Datensicherheit und Datennutzung aus und betont, dass Datenschutz und die Nutzung von Daten sich nicht widersprechen.
Politik und Gesundheitswirtschaft erhoffen sich durch die Forschung mit Big Data zusätzliche Vorteile, insbesondere bei der Analyse von seltenen Krankheiten. Die elektronische Patientenakte (ePA) existiert seit 2021, findet jedoch kaum Anwendung. Deshalb ist geplant, dass bis Ende 2025 automatisch allen Versicherten eine ePA zur Verfügung gestellt wird, in der sämtliche Daten gespeichert werden.
Die wichtigste Voraussetzung für den Erfolg ist, dass alle Beteiligten einen einfachen und leicht zugänglichen Zugang zu den Anwendungen haben. Es gibt Bedenken hinsichtlich der Aufnahme unstrukturierter Daten in die ePA auf Wunsch des Versicherten, da diese Daten nicht systematisch durchsucht und analysiert werden können.
Bei einer Veranstaltung der IKK-Krankenkasse mit dem Thema “Gesundheitsdaten: Von Patientennutzen und Profitversprechen” wies auch Susanne Ozegowski, Abteilungsleiterin für Digitales und Innovation im Bundesministerium für Gesundheit, darauf hin, dass die derzeitige ePA in ihren Möglichkeiten begrenzt ist. Zukünftig ist geplant, dass Daten automatisch aus der ePA an Dritte übermittelt werden.
Das Bundesministerium für Gesundheit strebt an, die bestehenden Einschränkungen zu überwinden, indem es eine Transformation der ePA anstrebt. Dabei soll die ePA von einer statischen, dokumentenorientierten Plattform mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zu einer dynamischen, datenbasierten Lösung werden, bei der die Daten serverseitig verarbeitet werden.
Aktuell arbeitet die Gematik daran, die technischen Spezifikationen zu entwickeln, um sicherzustellen, dass die ePA reibungslos funktioniert. Durch die Aufhebung der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung für ePA-Daten besteht zukünftig die Möglichkeit, auch einen Viren-Check durchzuführen, was bisher nicht möglich war.
Die Pläne des Bundesministeriums für Gesundheit sind eng mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik abgestimmt, was von Ozegowski sehr begrüßt wird und dieser Kurs wird auch von ihnen unterstützt.
Bianca Kastl, Sicherheitsforscherin und Vorsitzende des Innovationsverbundes Public Health, betonte, dass durch die Zugänglichmachung von Daten von Nicht-App-Nutzern das allgemeine Datenschutzniveau gesenkt werde, ohne jedoch zeitgemäße und patientenorientierte Teilnahmemöglichkeiten an medizinischer Forschung mit Datenschutz zu bieten.
Vor dem Hintergrund zahlreicher technischer Veränderungen wäre es angemessen, wenn Krankenkassen oder das Bundesministerium für Gesundheit umfassende Aufklärung der Patientinnen und Patienten leisten würden. Am Ende bleibt das Opt-out die einzige technische Möglichkeit für Patientinnen und Patienten, um ihre Selbstbestimmung effektiv durchzusetzen.
Schlagwörter: Gläserner Patient + OptoutRegelungen + Kommerzielles Interesse an Gesundheitsdaten
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