Hikvision, der chinesische Hersteller von Überwachungstechnologie, sorgt erneut für Schlagzeilen. Laut einem Bericht der Forschungsfirma IPVM hat das Unternehmen im vergangenen Jahr Kameras an einer Universität in China installiert, um das Essverhalten der Studierenden zu überwachen. Klingt nach einem ziemlich seltsamen Einsatzgebiet für Überwachungstechnologie, oder?
Aber Moment mal, es geht hier nicht nur um das Essverhalten! Die Kameras sollen angeblich auch die Nutzung der Bibliothek und sogar die Reiseziele der Studierenden überwachen. Da fragt man sich doch, ob das noch in einem vernünftigen Verhältnis steht. Ist es wirklich notwendig, jeden Schritt der Studierenden zu überwachen? Was kommt als nächstes, eine Kamera im Badezimmer?
Hikvision hat den Bericht von IPVM natürlich abgelehnt und behauptet, dass die genannten Funktionen nicht umgesetzt wurden. Allerdings konnte IPVM mehrere Berichte finden, in denen von genau solchen Veränderungen die Rede war. Da hat wohl jemand versucht, den schwarzen Peter loszuwerden.
Die Überwachungstechnologie wurde an der Minjiang-Hochschule in Fuzhou, einer Hafenstadt in China, installiert. IPVM hat sogar die Ausschreibung für das Projekt veröffentlicht, die über 600 Seiten umfasst. Darin wird eine umfassende Überwachung von Studierenden einer bestimmten ethnischen Minderheit gefordert. Das ist ja mal eine Ausschreibung, die man nicht jeden Tag zu Gesicht bekommt.
Aber warum das Ganze? Die Überwachung soll es ermöglichen, automatische Benachrichtigungen zu versenden, um anhand der Erkennung von Essgewohnheiten festzustellen, ob eine Person den Fastenmonat einhält und somit muslimisch ist. Hört sich irgendwie nach Big Brother an, oder?
Nachdem Hikvision mit den Anschuldigungen konfrontiert wurde, hat das Unternehmen auf seiner LinkedIn-Seite angegeben, dass die Anforderungen des Projekts im Widerspruch zu den Menschenrechten stehen und deshalb entfernt wurden. Klingt ja erstmal gut, aber es gibt keine konkreten Beweise dafür. IPVM stellt fest, dass diese Funktionen Teil der offiziellen Ausschreibung waren und zu keinem Zeitpunkt darauf hingewiesen wurde, dass sie entfernt wurden. Das ist doch etwas seltsam, oder?
Hikvision steht schon länger in der Kritik, weil dem Unternehmen vorgeworfen wird, den umfangreichen Überwachungsanforderungen der Volksrepublik China bedingungslos nachzukommen. Die gezielte Überwachung und Suche nach muslimischen Studierenden an der Hochschule in Fuzhou steht im Einklang mit den Vorwürfen, dass China die uigurische muslimische Minderheit in der Provinz Xinjiang unterdrückt. Dort werden Hunderttausende Menschen in sogenannten Umerziehungslagern festgehalten und andere zur Arbeit für chinesische Unternehmen gezwungen. Das ist natürlich keine schöne Sache und wird von einigen als Völkermord bezeichnet.
Immer wieder gibt es Berichte über westliche Unternehmen, die beschuldigt werden, von dieser Unterdrückung zu profitieren oder sie zumindest zu ignorieren, um ihre eigenen Geschäfte nicht zu gefährden. Da stellt sich die Frage, wie weit Unternehmen gehen sollten, um in China Geschäfte zu machen. Ist es akzeptabel, Menschenrechtsverletzungen zu ignorieren, nur um ein Stück vom chinesischen Kuchen abzubekommen?
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Sache um Hikvision und die Überwachung an der Minjiang-Hochschule weiterentwickeln wird. Hoffentlich wird die Kritik an Unternehmen, die Menschenrechtsverletzungen ignorieren, lauter und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen. Denn Überwachung ist eine Sache, aber Menschenrechtsverletzungen sind eine ganz andere.
Schlagwörter: Hikvision + Überwachungstechnik + MinjiangHochschule
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