EU-Patententwurf: Widerstand wächst – Bedenken über Technologiestandort Europa

Der Widerstand gegen den Entwurf der EU-Kommission zur Vermeidung von Patentstreitigkeiten bei Standards wächst weiter an. In einem dringenden Brief an das EU-Parlament und den Ministerrat äußerten 15 Mitentwickler von globalen Standards in den Bereichen Audio- und Videocodierung, Digitalradio, WLAN, Mobilfunk und DVB ihre ernsthafte Besorgnis über das Vorhaben.

In dem Schreiben wird betont, dass der Vorschlag den Technologiestandort Europa schwächen und die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union beeinträchtigen würde. Auch die Umsetzung der digitalen Transformation könnte darunter leiden. Standardessenzielle Patente spielen eine wichtige Rolle für Mobilfunktechnologien, Datenformate wie JPEG und die Interoperabilität von Audio- und Videoanwendungen. Die Kommission plant die Einführung eines Registers für diese Patente, um zu überprüfen, ob sie wirklich entscheidend für einen Standard sind. Außerdem sollen feste Gebührensätze und ein Mechanismus zur Beilegung von Streitigkeiten eingeführt werden.

Die Wissenschaftler und Ingenieure argumentieren, dass der Vorschlag nicht die Funktionsweise des internationalen Standardsystems widerspiegelt. Obwohl etablierte Standards im Gesetzesentwurf übernommen werden, werden sie um willkürliche Fristen, kostspielige Compliance-Anforderungen und Sanktionsmaßnahmen für Inhaber europäischer standardessenzieller Patente ergänzt.

Es wird argumentiert, dass es nicht vernünftig wäre, eine komplett neue Verwaltungsbehörde auf europäischer Ebene einzuführen. Außerdem muss sichergestellt werden, dass Rechteinhaber angemessen vergütet werden, wenn ihr geistiges Eigentum in den Standard integriert wird.

Unter den Unterzeichnern des Schreibens befinden sich auch renommierte Experten wie Karlheinz Brandenburg, Jürgen Herre, Bernd Edler und Bernhard Grill, die das MP3-Format entwickelt haben.

Gleichzeitig fordert der konservative EU-Abgeordnete Geoffroy Didier in einem Schreiben an seine Kollegen der Europäischen Volkspartei (EVP) eine vorübergehende Unterbrechung der Arbeit an der Verordnung oder äußerste Vorsicht bei der Fortführung. Er argumentiert, dass die Verordnung einen strategischen Fehler darstellen würde und langfristig die Forschung und Entwicklung in Europa schwächen sowie die führende Rolle Europas in der Mobilfunktechnologie beeinträchtigen würde.

Die Mobilfunkindustrie, angeführt von Unternehmen wie Ericsson und Nokia, betreibt intensives Lobbying gegen den Vorschlag. Sie äußert Bedenken darüber, dass die Verordnung zu einer Festlegung von Preisen für immaterielle Rechte führen würde, was zu Unsicherheit im Rechtsbereich führen könnte.

Auch der Präsident des Europäischen Patentamts, António Campinos, äußerte kürzlich Bedenken. EU-Staaten wie Deutschland und Frankreich haben in einem Dokument Fragen zum Entwurf gestellt, auf die die Kommission bisher nicht geantwortet hat.

Die Fair Standards Alliance, die Unternehmen aus der Automobilindustrie sowie Amazon, Apple und Google vertritt, ist der Meinung, dass der Vorschlag nicht weit genug geht. Sie fordert eine stärkere Eindämmung von Streitigkeiten im Zusammenhang mit standardessenziellen Patenten.

Es bleibt abzuwarten, wie sich der Widerstand gegen den Entwurf entwickeln wird und ob die EU-Kommission auf die Bedenken und Forderungen der verschiedenen Akteure reagieren wird.

Schlagwörter: Standardessenzielle Patente + EUKommission + Wettbewerbsfähigkeit

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  • 16. November 2023