Unternehmen, die sich auf die Auswertung umfangreicher Datenmengen und digitale Forensik spezialisiert haben, setzen vermehrt auf ChatGPT und ähnliche Künstliche Intelligenz (KI)-Systeme, um die Aktivitäten von Social-Media-Nutzern zu überwachen. Auf der Messe Milipol in Paris hat Social Links ein Tool zur Analyse der Stimmung präsentiert. Das Instrument ist in der Lage, die Gefühle von Nutzerinnen und Nutzern in sozialen Netzwerken wie X (ehemals Twitter) oder Facebook zu erkennen und dabei häufig diskutierte Themen herauszufiltern. Das Ziel besteht darin, aufstrebende Protestbewegungen zu identifizieren und die Strafverfolgungsbehörden zu benachrichtigen.
Der russische Unternehmer Andrey Kulikov zählt zu den Gründern von Social Links. Seit der Gründung im Jahr 2017 hat das Unternehmen bereits über 600 Kunden in Europa und den USA gewonnen. Obwohl der Hauptsitz in Amsterdam liegt, verfügt das Unternehmen auch über eine Zweigstelle in New York. Meta bezeichnete das Unternehmen Ende 2022 in einem Bericht als Anbieter von Spyware und sperrte 3700 Facebook- und Instagram-Konten, die angeblich wiederholt zum Ausspähen der beiden Plattformen missbraucht wurden. Social Links lehnt diese Anschuldigungen ebenso wie Behauptungen über Verbindungen zu russischen Geheimdiensten ab.
Gemäß dem Magazin Forbes nutzte ein Teilnehmer der Messe in Paris das Tool von Social Links, um bedeutende Beiträge aus verschiedenen sozialen Netzwerken abzurufen. Anschließend können diese Daten über die Benutzeroberfläche der Software analysiert werden, wobei sie auf dem Computer des Benutzers gespeichert werden. Der Analyst Bruno Alonso von Social Links nutzte die Software, um die Reaktionen in den sozialen Medien auf den kontroversen Deal des spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez mit der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung zu analysieren. Das Instrument suchte in X nach Beiträgen, die Schlüsselwörter und Hashtags wie „Amnestie“ enthielten, und leitete diese automatisch an ChatGPT weiter. Anschließend analysierte der Bot die Stimmung der Beiträge und kategorisierte sie als positiv, negativ oder neutral. Die Ergebnisse wurden in einem interaktiven Diagramm dargestellt.
Zudem ist das Tool in der Lage, Online-Diskussionen auf verschiedenen Plattformen wie Facebook schnell zusammenzufassen und relevante Themen zu identifizieren. Gemäß der Präsentation haben Ermittler die Möglichkeit, zusätzlich auf die integrierten Fähigkeiten der biometrischen Gesichtserkennung zurückzugreifen, um Personen zu identifizieren, die angeblich negative Aussagen zu einem bestimmten Thema gemacht haben sollen.
Jay Stanley von der Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU) äußert Bedenken, dass solche KI-Agenten eine bisher unbekannte Form der automatisierten Überwachung von Einzelpersonen und Gruppen ermöglichen, die weit über die Fähigkeiten von Menschen hinausgeht. OpenAI, der Entwickler von ChatGPT, verweigerte eine Stellungnahme, obwohl in den Geschäftsbedingungen des Unternehmens eigentlich Aktivitäten untersagt sind, die die Privatsphäre von Personen verletzen, einschließlich der Überwachung oder Verfolgung ohne Einwilligung.
Ein Vertreter von Social Links versicherte, dass das Unternehmen sich streng an die Richtlinien von OpenAI hält und das System letztendlich ausschließlich für die Analyse und Zusammenfassung von Textinhalten verwendet. Auf der Milipol äußerte Andy Martin von der israelischen Forensik-Firma Cellebrite, dass große Sprachmodelle wie GPT von erheblichem Nutzen für verschiedene Strafverfolgungsmaßnahmen seien. Das Spektrum umfasst die Untersuchung von aufgezeichneten Anrufen, um beispielsweise Abweichungen im Lebensrhythmus einer Person zu identifizieren, bis hin zu unterstützten technologischen Befragungen.
Schlagwörter: KISysteme + Stimmungsanalyse + Privatsphäre
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