Biometrische Gesichtserkennung: Einsatz in der Verbrechensbekämpfung umstritten

Die Verhaftung der mutmaßlichen RAF-Terroristin Daniela Klette Ende Februar in Berlin hat für Aufsehen gesorgt. Die Ermittler waren einerseits erfreut über den Fahndungserfolg, andererseits verärgert über die lange Dauer und die Abhängigkeit von der Hilfe der Bevölkerung. Es stellt sich jedoch die Frage, ob moderne Technologien wie die biometrische Gesichtserkennung hier geholfen hätten.

Bereits einige Monate zuvor hatten ARD-Journalisten die gesuchte Person mithilfe eines Bellingcat-Reporters und der umstrittenen Gesichtserkennungssoftware PimEyes auf der Webseite eines Berliner Capoeira-Vereins im Internet ausfindig gemacht. Die Polizeigewerkschaft (GdP) führt die Verzögerung auf die rechtlichen Beschränkungen zurück, die bei der Anwendung solcher Tools durch Strafverfolgungsbehörden bestehen.

Der Vorsitzende der GdP, Jochen Kopelke, kritisierte am Freitag, dass es innerhalb der Polizei nicht mehr nachvollziehbar sei, warum im Zeitalter von Künstlicher Intelligenz, Automatisierung und Digitalisierung solch nützliche Software nicht genutzt werden darf. Die biometrische Gesichtserkennung wurde bisher erfolgreich an Brennpunkten und gefährdeten Orten erprobt, jedoch noch nicht im alltäglichen Einsatz zur Verhinderung von Gefahren und Strafverfolgung.

Die Technologie hat sich inzwischen weiterentwickelt und ist fortschrittlicher und zuverlässiger geworden. Deutschland droht den Anschluss an moderne und effektive Verbrechensbekämpfung zu verlieren. Die GdP appelliert an die Bundesregierung, das frühere Pilotprojekt am Berliner Bahnhof Südkreuz im Hinblick auf die bevorstehende Europameisterschaft schnellstmöglich wieder aufzunehmen und automatisierte Gesichtserkennung an Bahnhöfen, Flughäfen und sogar Fußballstadien einzusetzen.

Der Chaos Computer Club (CCC) wirft den Beteiligten des Testbetriebs am Südkreuz Schönfärberei vor. Unter anderem seien die Angaben zur Falscherkennungsrate manipuliert worden. Dadurch werden täglich etwa 600 Passanten irrtümlicherweise von der biometrischen Installation erfasst und die Beamten mit einer großen Anzahl von Falschmeldungen konfrontiert.

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) betont erneut die Gefahr einer allgemeinen und unselektiven Massenüberwachung der Bevölkerung, die einen gravierenden Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung der Bürger darstellt. Die biometrische Gesichtserkennung steht bei den Ermittlern ganz oben auf der Liste der bevorzugten Werkzeuge. Aus Sicht des DAV existiert derzeit keine rechtliche Grundlage, die das Verwenden dieser Technologie an öffentlichen Orten legitimiert.

Es ist zweifelhaft, ob eine solche Regelung geschaffen werden kann, angesichts der strengen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Die Richter in Karlsruhe haben in mehreren Entscheidungen vor einem unzumutbaren Gefühl der Überwachung und Einschüchterung gewarnt. Zudem bleiben noch immer Fragen unbeantwortet: Wie fehleranfällig ist das System und kann Missbrauch und Manipulation der Technik verhindert werden? Es ist auch unklar, wie lange, von wem und wo biometrische Daten gespeichert werden.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber betont immer wieder, dass biometrische Gesichtserkennung im öffentlichen Raum, aber auch durch Apps und Geräte die Privatsphäre der Bürger gefährdet. Jemand, der beispielsweise bei Demonstrationen die Sorge hat, identifiziert und registriert zu werden, könnte möglicherweise davon abgehalten werden, sein Grundrecht auszuüben.

In Deutschland ist es bereits erlaubt, im Rahmen einer gerichtlich angeordneten Öffentlichkeitsfahndung einen Abgleich mit dem Gesichtserkennungssystem (GES) beim Bundeskriminalamt durchzuführen. Die neue KI-Verordnung der Polizei eröffnet zudem weitreichende Möglichkeiten zur Anwendung solcher Technologien. Der zuvor vereinbarte Katalog von Straftaten und die Notwendigkeit einer richterlichen Genehmigung wurden jedoch vom EU-Rat gestrichen.

Bisher hat sich die Ampel-Koalition jedoch geweigert, diesen Kurs einzuschlagen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Debatte um die biometrische Gesichtserkennung in Deutschland weiterentwickeln wird und ob eine Einigung in Bezug auf den Einsatz dieser Technologie erzielt werden kann.

Schlagwörter: GdP + Daniela Klette + Berlin

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  • 5. März 2024