Israel nutzt Gesichtserkennungsprogramm im Gazastreifen: Datenschutz und Ethik in Frage gestellt

Israel hat im Gazastreifen ein umfangreiches Gesichtserkennungsprogramm implementiert, wie die New York Times berichtet. Dabei wurde ohne das Wissen oder die Einwilligung der Palästinenser eine Datenbank erstellt. Das Programm wurde nach den Angriffen am 7. Oktober entwickelt und nutzt sowohl die Technologie von Google Photos als auch ein spezielles Tool der in Tel Aviv ansässigen Firma Corsight, um Personen mit Verbindungen zur Hamas zu identifizieren.

Das Ganze wurde zeitgleich zur militärischen Offensive Israels im Gazastreifen aufgebaut. Offiziere der israelischen Militäreinheit 8200, dem Hauptnachrichtendienst der israelischen Streitkräfte, haben Sicherheitskameraaufnahmen und Videos analysiert, um mögliche Ziele zu identifizieren. Sie haben sogar palästinensische Gefangene darum gebeten, Personen aus ihren Gemeinden zu identifizieren, die Verbindungen zur Hamas hatten.

Corsight hat dann die Fotos verwendet, um ein Gesichtserkennungstool zu entwickeln, das israelische Offiziere im Gazastreifen einsetzen konnten. Das Unternehmen behauptet, dass seine Technologie Personen auch dann präzise identifizieren könne, wenn weniger als die Hälfte ihres Gesichts sichtbar sei. Um die Datenbank zu erweitern und potenzielle Ziele zu erkennen, wurden entlang der Hauptstraßen Kontrollpunkte mit Gesichtserkennungskameras installiert, die auch von den Palästinensern zur Flucht genutzt wurden.

Allerdings war das Gesichtserkennungstool von Corsight nicht immer zuverlässig und hat Personen irrtümlicherweise als mit der Hamas verbunden identifiziert. Besonders unscharfe Aufnahmen oder Fotos, auf denen die Gesichter der Menschen verdeckt waren, haben zu Fehlidentifikationen geführt. Ein Vorfall zeigte, wie der palästinensische Dichter Mosab Abu Toha irrtümlicherweise als Verdächtiger gekennzeichnet und festgenommen wurde, als er versuchte, mit seiner Familie den Gazastreifen zu verlassen.

Das israelische Militär hat die Technologie von Corsight mit Google Photos kombiniert, das kostenlos ist. Geheimdienstoffiziere haben Datenbanken mit Informationen über bekannte Personen in Google Photos hochgeladen und die Fotosuche genutzt, um weitere Personen zu identifizieren. Laut einem Offizier kann Google Photos Personen identifizieren, selbst wenn nur ein kleiner Teil ihres Gesichts sichtbar ist, was es effektiver macht als andere Tools, einschließlich Corsight.

Die Führungskräfte und Geldgeber von Corsight haben öffentlich erklärt, dass sie das israelische Militär im fortlaufenden Konflikt im Gazastreifen unterstützen möchten. Das Unternehmen hat bereits mit Krankenhäusern in Israel zusammengearbeitet, um die Technologie zur Identifizierung von Patienten einzusetzen. Corsight konzentriert sich hauptsächlich auf Anwendungen im Regierungs-, Strafverfolgungs- und Militärbereich.

Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Entwicklung auf die Privatsphäre der Palästinenser und den Konflikt im Gazastreifen auswirken wird. Die Implementierung eines solchen Gesichtserkennungsprogramms wirft natürlich auch Fragen nach Ethik und Datenschutz auf. Es wird spannend sein zu sehen, wie sich die Technologie weiterentwickelt und ob sie in Zukunft auch in anderen Konflikten oder politischen Situationen eingesetzt wird.

Schlagwörter: Corsight + Google Photos + Mosab Abu Toha

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  • 27. März 2024