Eine Studie warnt vor den Risiken von Alterskontrollen im Internet. Die Forschung zeigt, dass Kinder einen erheblichen Anteil der Internetnutzer ausmachen und deshalb eine sichere Online-Umgebung von großer Bedeutung ist. Doch die Studie, die im Auftrag der Grünen im EU-Parlament durchgeführt wurde, warnt vor den Risiken der derzeitigen Alterskontrollen im Internet.
Aktuell verlassen sich die meisten Anbieter von Online-Inhalten für Erwachsene lediglich auf eine Selbstdeklaration des Alters, ohne weitere Überprüfung. Das ist jedoch ineffektiv und kann leicht umgangen werden. Aus diesem Grund setzen Regierungen weltweit sich dafür ein, robuste Online-Altersverifikationssysteme (AVS) einzuführen.
Allerdings sind die Wissenschaftler der Meinung, dass die derzeitige Technologie in demokratischen Gesellschaften nicht geeignet ist. Die Umsetzung solcher Maßnahmen birgt verschiedene Risiken, wie Eingriffe in die Privatsphäre, Datenlecks, Verhaltensüberwachung, Identitätsdiebstahl und eingeschränkte Autonomie. Keines der untersuchten Verfahren konnte das Alter des Nutzers zuverlässig bestätigen.
Ein weiteres Problem ist, dass die Einführung solcher Alterskontrollen bereits benachteiligte Gruppen weiter diskriminieren könnte und zu einer verstärkten Ausgrenzung führen könnte. Die Studie betont, dass alternative Techniken zur Sicherung der Privatsphäre, wie die Verwendung digitaler Identitäten, noch in der Entwicklungsphase sind. Diese Lösungen könnten eine Alterskontrolle ermöglichen, bei der die Anonymität gewahrt bleibt, bergen jedoch auch bedeutende Sicherheits- und Ausschlussrisiken.
Um Alterskontrollen im Internet erfolgreich umzusetzen, müssen noch einige Hindernisse überwunden werden. Es fehlt ein europaweiter technischer und rechtlicher Rahmen, der die umfassende Einführung unterstützt. Die Autoren der Studie betonen, dass verbindliche Risikobewertungen erforderlich sind, um die Grundrechte aller Internetnutzer zu schützen. Dabei sollten Aspekte wie Meinungsfreiheit, Diskriminierungsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Datenschutz und Kinderrechte berücksichtigt werden.
Zusätzlich dazu ist es notwendig, einen umfassenden Rahmen mit Standards, Zertifizierungssystemen und unabhängigen Kontrollen zu schaffen, um die Sicherheit und Zuverlässigkeit von Alterssicherungsmaßnahmen sowie die Verantwortlichkeit der Technologieanbieter zu gewährleisten. Die Studie betont, dass verpflichtende Alterskontrollen im Internet die persönliche Freiheit des Einzelnen einschränken können, sich frei zu äußern und mit anderen in Kontakt zu treten.
Besonders betroffen von verpflichtenden Alterskontrollen im Internet sind bereits marginalisierte Bevölkerungsgruppen, die beispielsweise keine elektronische Identifizierungsmöglichkeit haben oder für die eine automatisierte Gesichtserkennung aus technischen oder persönlichen Gründen unpraktikabel ist. Zudem könnte eine Altersverifikation die Entwicklung von Kindern beeinträchtigen, indem ihnen der Zugang zu bestimmten Inhalten oder Diensten verwehrt wird, die für ihre Medienkompetenz und Risikobewältigung relevant sind.
Die Studie zeigt, dass es eine Diskrepanz zwischen dem Dringlichkeitsbedürfnis der Regierungen, Alterskontrollen einzuführen, und der erforderlichen Zeit für die Entwicklung robuster, sicherer und vertrauenswürdiger Altersverifikationssysteme gibt. Das größte Risiko besteht darin, Sicherheitslösungen ohne angemessenen Schutz der Grundrechte einzuführen, was zu übermäßigen Eingriffen in die Privatsphäre und einem erhöhten Risiko von Datenlecks und -missbrauch führen könnte.
Die EU-Kommission setzt sich derzeit aktiv dafür ein, dass alle Anbieter von Hosting- oder interpersonellen Kommunikationsdiensten eine Bewertung des Risikos durchführen und bereits umgesetzte Lösungsansätze offenlegen. In verschiedenen europäischen Ländern werden ebenfalls Maßnahmen ergriffen, um Alterskontrollen im Internet einzuführen, jedoch müssen dabei die Grundrechte und spezifischen Bedürfnisse der Nutzer berücksichtigt werden.
Es ist wichtig, dass bei der Einführung von Alterskontrollen im Internet eine ausgewogene Balance zwischen dem Schutz von Kindern und der Wahrung der Grundrechte aller Internetnutzer gefunden wird. Alternative Schutzvorkehrungen, wie verbesserte algorithmische Empfehlungen, Warnhinweise vor schädlichen Inhalten oder Panik-Buttons, könnten möglicherweise besser geeignet sein, um Kinder bei ihrer Erforschung der Online-Welt zu unterstützen. Die Entwicklung robuster und sicherer Altersverifikationssysteme erfordert Zeit und einen umfassenden technischen und rechtlichen Rahmen, um die Grundrechte aller Internetnutzer zu schützen.
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