Berlin – Der von EU-Digitalkommissar Thierry Breton vorgeschlagene Digital Networks Act (DNA) hat in Berlin nicht gerade für Begeisterungsstürme gesorgt. Das deutsche Ministerium für Digitales und Verkehr zeigt sich wenig beeindruckt von den Markteingriffen und möchte die Vorschläge erst einmal gründlich prüfen. Die Stimmung in der Hauptstadt ist eher verhalten.
Obwohl Bretons Vorschläge noch etwas vage sind, zeichnet sich bereits ab, in welche Richtung es gehen soll. In Brüssel erklärte Breton letzte Woche, dass Deutschland nicht nur der größte Markt, sondern auch die größte Demokratie sei. Mit dem Digital Markets Act, dem Digital Services Act, dem Data Governance Act, dem Data Act und dem AI Act habe man bereits einen kohärenten Rahmen geschaffen, um Ordnung im digitalen Raum zu gewährleisten. Was jetzt noch fehle, sei eine zukunftssichere Infrastruktur.
Ein Sprecher des Ministeriums betonte jedoch, dass der Vorschlag eines paneuropäischen Telekommunikationsmarktes mit nur wenigen Anbietern sorgfältig geprüft werden müsse. Schließlich gebe es in Deutschland eine beträchtliche Anzahl von Anbietern. Markteingriffe seien generell anspruchsvoll und nur gerechtfertigt, wenn ein Marktversagen vorliege. Daher sei es ratsam, jegliche Regulierungsvorhaben sorgfältig zu überprüfen und ihre potenziellen Auswirkungen zu untersuchen.
Die Bundesregierung betrachtet die Ideen von Breton teilweise als nicht besonders neu und auch nicht als Lösung für ein akutes Problem. Der Vorschlag einer stärkeren Harmonisierung bei der Frequenzvergabe werde zwar regelmäßig diskutiert, konnte sich aber bisher nicht durchsetzen. Das Ministerium betont, dass die Vergabe der Frequenzen letztendlich eine Angelegenheit der nationalen Souveränität sei und nicht auf EU-Ebene zentralisiert werden sollte. Eine Verbesserung der Koordination der Frequenzen an den Grenzen könne man sich jedoch vorstellen.
Auch in Bezug auf Bretons Forderung nach mehr europäischen Akteuren und Lösungen verweist man in Berlin auf bestehende Gremien wie die European Conference of Postal and Telecommunications Administrations (CEPT). Diese Gremien funktionieren gut und sind für die Mitgliedstaaten vorteilhaft. Daher sollte man sie unverändert lassen.
Der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) teilt ebenfalls Bedenken und betrachtet die Schaffung eines europäischen Binnenmarkts für Telekommunikation durch einheitliche Regulierung mit Skepsis. Insbesondere die Forderung nach einer Konsolidierung auf wenige nationale oder europäische Unternehmen wird kritisch betrachtet. Schließlich verfolgen die EU-Länder unterschiedliche Ausbaupläne für Glasfaser- und Mobilfunknetze. Ein allgemein gültiger Ansatz wäre kontraproduktiv und könnte die Ausbauziele in Deutschland und Europa gefährden.
Auch die von Breton geplanten Vorschläge für erhöhte IT-Sicherheit in den zukünftigen Netzwerken stoßen in der Bundesregierung auf Skepsis. Fragen zur öffentlichen Sicherheit, insbesondere in Bezug auf Telekommunikationsnetze, seien eine Angelegenheit der nationalen Souveränität. Bisher hat Deutschland in diesem Bereich keine führende Rolle eingenommen.
Thierry Breton betonte, wie viel Mühe und Energie er in die Entwicklung der 5G-Toolbox gesteckt habe. Deutschland war dabei ein besonderes Augenmerk für ihn. Nun sei es an der Zeit, die Vorschriften zur Sicherheit von 5G umzusetzen. Dabei gehe es nicht um die Namen der Hersteller, sondern um spezifische Risiken. Die deutschen Ministerien diskutieren seit Monaten intensiv über konkrete Vorschläge zur Handhabung kritischer Hersteller.
Nachdem Bretons Versuch gescheitert ist, die großen Internetplattformen unter dem Namen “Fair Share” an den Netzkosten zu beteiligen, startet er nun seine Offensive für den Digital Networks Act. Die Ergebnisse der Konsultation der EU-Kommission zeigen jedoch, dass nur die großen Telekommunikationsunternehmen die Idee unterstützen. Breton betonte, dass die Debatte um “Fair Share” vergessen werden solle, da dies eine Frage der Vergangenheit und der Gegenwart sei. Jetzt gehe es um die Fragen der Zukunft.
Schlagwörter: Digital Networks Act DNA + Markteingriffe + ITSicherheit
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