Smartphones gehören heutzutage zu unserem Alltag und sind aus unserem Leben kaum wegzudenken. Sie dienen nicht nur zur Kommunikation, sondern bieten uns auch Zugang zu einer Vielzahl von Informationen und Unterhaltungsmöglichkeiten. Allerdings tragen die elektronischen Begleiter nicht nur zur Bereicherung unseres Lebens bei, sondern belasten auch die Umwelt in erheblichem Maße. Wie kann man also Umweltschutz und die Produktion und Nutzung von Smartphones in Einklang bringen?
Genau dieser Frage haben sich im Rahmen des vom BMBF geförderten Projekts MoDeSt zwei Industriedesigner vom Fraunhofer IZM gewidmet und die Vereinbarkeit von moderner Technik und Kreislaufwirtschaft untersucht. Als Resultat stellen sie zwei Designs vor, die langlebige und recycelbare Smartphones mit einem außergewöhnlichen Aussehen präsentieren.
Immer häufiger werden neue Generationen von Smartphones auf den Markt gebracht, die funktionierende Geräte ersetzen und somit die Nutzungsdauer verkürzen. Trotz Nachweisen aus Studien, dass Europäer*innen ihre Mobiltelefone immer länger nutzen*, wird die volle Lebensdauer der Geräte noch immer nicht vollständig ausgeschöpft. Zusätzlich zu dem Druck des Wettbewerbs unter den Herstellern haben die Abfallströme des Elektroschrotts ernsthafte Auswirkungen auf die Umwelt: Allein in Deutschland fallen durch Smartphones jährlich etwa 1,7 Millionen Tonnen Elektroschrott an.
Angesichts dieser Situation hat die Europäische Union im Jahr 2020 einen Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft ins Leben gerufen, mit dem Ziel, die Menge an Elektroschrott zu verringern. Das Forschungsprojekt MoDeSt konzentriert sich auf den Ansatz der Kreislaufwirtschaft, um den Lebenszyklus von Smartphones zu verlängern und die technische sowie wirtschaftliche Umsetzung der Modularität zu erforschen. Dabei steht die Maximierung von Langlebigkeit, Reparierbarkeit und Recycling-Potenzial im Fokus, ohne die Funktionalität der Geräte zu beeinträchtigen.
Das Projekt basiert auf dem zirkulären Baukasten, der am Fraunhofer IZM entwickelt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Auf dieser Grundlage haben die beiden Industriedesigner Tapani Jokinen und Robin Hoske das Ziel, das Design von Smartphones radikal zu überdenken und zwei wegweisende Konzepte zu entwickeln.
Im ersten Entwurf, dem sogenannten MODEST CUBE, stand die Maximierung der Reparierbarkeit des Geräts im Mittelpunkt. Der MODEST CUBE verdeutlicht, wie der Lebenszyklus eines Produkts durch einen einfachen und schnellen Austausch der Hardware verlängert werden kann. Hier bezieht sich Modularität nicht nur auf die einzelnen Bauteile, sondern auf das gesamte System. Um die funktionalen Anforderungen des CUBES zu bestimmen, wurden Daten zu den individuellen Bedürfnissen und dem Nutzungsverhalten der Konsumenten analysiert und anschließend in gezielten Workshops mit Experten aus den Bereichen Wirtschaft, Umwelt, Konsum und Design weiterentwickelt.
Hoske erläutert die entstandene Vision folgendermaßen:
Der MODEST CUBE repräsentiert ein Smartphone, das nicht altert, da Teile der Hardware, einschließlich des Bildschirms, mühelos ausgetauscht werden können, dank des Mix&Match-Prinzips. Das hat nicht nur Vorteile für die Reparierbarkeit, sondern bietet auch die Möglichkeit, verschiedene Anforderungen der Nutzer zu erfüllen: Wenn zum Beispiel jemand eine hochwertige Kamera im Smartphone benötigt, kann diese aufgerüstet werden, ohne ein neues Gerät kaufen zu müssen. Unser Entwurf verdeutlicht, wie Elektroschrott reduziert und gleichzeitig der Wert des Produkts erhalten werden kann.
Mit dem zweiten Entwurf gehen die Designer noch einen Schritt weiter: Die MODEST ARCH erfindet das mobile Telefon mit einer innovativen Optik neu und bezieht zusätzlich psychologische Komponenten der Smartphone-Nutzung mit ein. Die Idee besteht darin, die Nutzung im Sinne der digitalen Suffizienz zu moderieren, um das mentale Wohlbefinden zu fördern und potenzielle negative Auswirkungen wie eine verringerte Konzentrationsfähigkeit zu minimieren. Unter dem Leitsatz „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“ werden in diesem Zusammenhang Nutzungsmuster hinterfragt, auf das Wesentliche reduziert und dadurch sowohl der Material- als auch der Energieverbrauch verringert.
Das Design der ARCH weist besonders eine kreative Lösung auf, die auf den Prognosen der Industriedesigner zur zukünftigen Konnektivität basiert:
Wir gehen davon aus, dass in den nächsten zehn Jahren viele Anwendungen über Virtual Reality und KI-basierte Sprachassistenten funktionieren werden. Aus diesem Grund haben wir uns für ein schlankes und einfaches Design entschieden, bei dem die Hardware auf ein Minimum reduziert und das Betriebssystem in der Cloud umgesetzt wird. Das Grundgerüst des Geräts ist somit praktisch ein persönliches Token in Form eines Web-Browsers, der nur wenige Komponenten benötigt.
Jokinen erklärt, dass je nach Bedarf zusätzliche Funktionen konfiguriert werden können und die ARCH als Schnittstelle für eine vernetzte IoT-Umgebung dienen kann. Die ARCH könnte je nach Bedarf mit anderen Geräten über verknüpfte Benutzeroberflächen verbunden werden und somit bequemen Zugang zu persönlichen Daten und Diensten ermöglichen. Durch diesen Ansatz eröffnen sich große gestalterische Freiheiten im Design: Hoske und Jokinen haben sich beispielsweise für ein rundes Interface mit den Maßen von 51 x 15 Millimetern aus recyceltem Stahl entschieden. Die ARCH, aufgrund ihrer extrem mobilen Gestaltung, kann wie eine Stoppuhr am Handgelenk, als Halskette oder Brosche getragen und mit einer Hand gehalten werden. Neben den Patches an den Außenseiten des Bildschirms nutzt das Gerät auch taktil-haptisches Feedback und kann dank der Motion-Sensing-Technologie beispielsweise als PC-Desk oder Air Mouse verwendet werden. Zusätzlich sind eine Kamera mit hoher Auflösung und verschiedene Sensoren zur Erfassung von Vitaldaten eingebaut.
Die Entwürfe CUBE und ARCH von MODEST sind derzeit noch Zukunftsvisionen auf dem Papier, jedoch haben die Forscher hinter dem Projekt ehrgeizige Pläne. Nach Abschluss des Projekts planen sie die Entwicklung von Prototypen und die Durchführung umfangreicher Tests. Die beiden Hauptansätze, nämlich die Verlängerung der Produktlebensdauer und das modulare Design, haben das Potenzial, die Elektronikindustrie nachhaltig zu transformieren, das Design von Smartphones in neue Bahnen zu lenken und den Elektroschrott zu verringern. Das BMBF unterstützte das Verbundprojekt MoDeSt im Rahmen der Maßnahme „Ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft – Innovative Produktkreisläufe (ReziProK)“ mit der Kennung 033R231. Zu den beteiligten Projektpartnern gehörten die TU Berlin (später BTU Cottbus-Senftenberg), das Centre for Sustainability Management (CSM) der Leuphana Universität Lüneburg, Integrated Quality Design (IQD) der Johannes Kepler Universität Linz (assoziiert), die SHIFT GmbH und die AfB gGmbH.
Schlagwörter: MoDeSt + Langlebige Smartphones + Elektroschrottreduktion
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