Durch die mikroelektronische Forschung und Entwicklung wird in der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) mehr Nachhaltigkeit erreicht, indem kleine Bauteile eine große Wirkung haben. Die IKT bildet die Grundlage für zahlreiche zukunftsträchtige Märkte wie Künstliche Intelligenz (KI), New Mobility oder Smart Homes. Allerdings nimmt mit der wachsenden Relevanz dieser Industrie auch der CO2-Ausstoß zu.
In einer aktuellen Studie haben die Fachleute des Kompetenzzentrums Green ICT @ FMD Prognosen für den zukünftigen ökologischen Einfluss der IKT in den Bereichen Rechenzentren, Telekommunikation und Haushalte erstellt. Auf dem MikroSystemTechnik-Kongress 2023 präsentierte Dr. Nils F. Nissen die ersten Erkenntnisse.
Die IKT spielt eine entscheidende Rolle in unserer digitalen Welt, die sowohl unseren Alltag als auch unsere Arbeitsumgebung durchdringt. Von Smartphones über Smart Home-Anwendungen bis hin zu speziellen Sensorsystemen für das Internet der Dinge (IoT) prägen solche Technologien unser Leben und machen es bereichernder und einfacher. Dennoch nimmt der Bedarf zu und dementsprechend auch der Verbrauch von Daten und Energie. Sowohl in der Nutzung als auch in der Herstellung stellen IKT-Produkte eine erhebliche Umweltbelastung dar.
Um die möglichen Einsparpotenziale bei der Produktion und Nutzung von IKT-Komponenten genauer zu untersuchen, führt das Kompetenzzentrum Green ICT @ FMD eine Studie durch. Dieses Zentrum wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert und ist auf ressourcenbewusste IKT spezialisiert. Die Studie gibt einen umfassenden Überblick über die IKT in Deutschland. Green ICT @ FMD liefert erste Erkenntnisse über zukünftige Einsparpotenziale in der IKT.
Laut der Studie des Fraunhofer-Instituts für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) wird erwartet, dass die gesamten CO2-äquivalenten Emissionen durch die Nutzung der IKT bis zum Jahr 2030 auf rund 20 Millionen Tonnen ansteigen werden. Abhängig von der Entwicklung der Gesamtemissionen könnten die Treibhausgasemissionen der IKT im Jahr 2030 voraussichtlich etwa vier Prozent der Gesamtemissionen in Deutschland ausmachen. Die Wissenschaftler haben in der Studie “Carbon Footprint der IKT in Deutschland” den Ausstoß von CO2-Äquivalenten auf Grundlage von vorhandenen Daten sowie den Energieaufwand für die Nutzung und Herstellung der IKT in Deutschland untersucht. Des Weiteren haben sie analysiert, wie die zukünftige Marktentwicklung voraussichtlich die Anzahl der Geräte in jedem Prognosejahr beeinflussen wird.
Durch die Verwendung von Produktdaten zur Leistungsaufnahme und unter Berücksichtigung eines festgelegten Nutzungsverhaltens wurde der Stromverbrauch einzelner Produkte in jedem Nutzungsjahr ermittelt. Nachdem ein bestimmter CO2-Emissionsfaktor für den Strommix angenommen wurde, wurde daraufhin die CO2-Intensität der IKT während der Nutzungsdauer berechnet. Die Gesamtemissionen einer Produktkategorie setzen sich aus der CO2-Bilanz während der Herstellung und weiteren Faktoren zusammen. Um eine umfassende Bewertung durchzuführen, werden die jährlich ermittelten Bestandszahlen und spezifische Umweltdaten aus der Betrachtung der Herstellungs- und Nutzungsphasen verwendet, um eine Hochrechnung der Gesamtbilanz zu erstellen. Dabei werden auch Fortschritte in der Technologieentwicklung im Hinblick auf Umweltdaten berücksichtigt.
Gemäß den vorläufigen Ergebnissen der Studie zeigt sich ein deutlicher Anstieg des Energieverbrauchs ab dem Jahr 2020, der durch das zunehmende Datenvolumen in Telekommunikationsnetzen und die wachsende Anzahl und Auslastung von Rechenzentren verursacht wird. Die Experten prognostizieren im Bereich Haushalt einen leichten Anstieg des Verbrauchs, nachdem dieser bis etwa 2019 stark gesunken war. Bis zum Jahr 2030 wird in den Bereichen Telekommunikation, Rechenzentren und Haushalte voraussichtlich eine Gesamtmenge von über 30 Millionen Tonnen CO2-äquivalenten Treibhausgasen entstehen, was etwa 50 Prozent mehr ist als im Jahr 2021. Die Herstellung der untersuchten IKT wird mit knapp 11 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten ungefähr ein Drittel der Emissionen ausmachen, während die Nutzung etwa zwei Drittel der Emissionen ausmacht.
In Zukunft soll die Studie um zusätzliche Produkte aus den Bereichen Gewerbe, Handel und Dienstleistungen sowie Gebäudeautomation und Internet der Dinge erweitert werden. Das Hauptaugenmerk des Kompetenzzentrums Green ICT @ FMD liegt darauf, den Ressourcenverbrauch von Sensor-Edge-Cloud-Systemen, energieeffizienten Kommunikationsinfrastrukturen und ressourcenschonenden Elektronikproduktionsprozessen zu analysieren und darauf aufbauend zu optimieren. Moderne vernetzte IKT-Systeme verfügen neben den zentralen Datenverarbeitungsinfrastrukturen (Cloud) über zunehmende Kapazitäten zur Datensammlung und -verarbeitung am Netzwerkrand (Edge). Dadurch eröffnen sich mehr Möglichkeiten zur Optimierung von Datenverarbeitungs- und -übertragungsprozessen zwischen Cloud und Edge, was wiederum den Ressourcenverbrauch bei der Nutzung von IKT minimiert.
Die Forscher sehen weitere Einsparpotenziale bei der Entwicklung von leistungsstarken Netzwerken wie 5G und 6G sowie bei der Reduzierung der Treibhausgasemissionen während der Herstellung von mikroelektronischen Bauteilen. Eine bedeutende Rolle in der Arbeit des Kompetenzzentrums spielt auch die direkte Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und Start-ups, die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften sowie die enge Zusammenarbeit mit allen relevanten Interessengruppen. Beispiele für die breite Palette an Angeboten sind der Green ICT Space, ein Beschleuniger für umweltfreundliche Start-ups und kleine und mittlere Unternehmen, der Green ICT Award für herausragende Abschlussarbeiten im Bereich nachhaltiger IKT, das Green ICT Camp, das ab 2024 für Studierende mit fachlichem Interesse startet, sowie die Vernetzungsveranstaltung Green ICT.
Das Kompetenzzentrum adressiert mit Zukunftsprognosen, intensiver technologischer Forschung und Entwicklung sowie begleitenden Aktivitäten die zentralen Bereiche, die für eine nachhaltige Zukunft der IKT in Deutschland erforderlich sind. Die Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland (FMD) ist die Hauptanlaufstelle für alle Anliegen im Bereich Mikro- und Nanoelektronik in Deutschland und Europa. Seit 2017 vereint die FMD als eine Zusammenarbeit zwischen dem Fraunhofer-Verbund Mikroelektronik und den Leibniz-Instituten FBH und IHP wissenschaftlich herausragende Technologien und Systemlösungen von 13 kooperierenden Instituten der Fraunhofer-Gesellschaft und Leibniz-Gemeinschaft zu einem maßgeschneiderten Gesamtangebot. Durch den Zusammenschluss unter dem Dach der FMD wurde der größte europaweite Verbund dieser Art geschaffen, der über 4.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie eine einzigartige Vielfalt an Kompetenzen und Infrastruktur verfügt.
Schlagwörter: Green ICT + CO2Emissionen + Ressourcenverbrauch
Wie bewerten Sie den Schreibstil des Artikels?