Britischer Beauftragter warnt vor umfassender Überwachung in Großbritannien

Der britische Beauftragte für Videoüberwachung und die Speicherung und Nutzung biometrischer Materialien, Fraser Sampson, erhebt ernsthafte Anschuldigungen gegen den Staat. Kurz vor seinem Abgang aus dem Amt am Dienstag warnt er davor, dass Großbritannien sich zu einer Gesellschaft entwickelt hat, in der eine umfassende Überwachung (Omni-Surveillance) stattfindet.

Als Beweis dafür führt er an, dass die Polizei trotz gerichtlicher Verbote weiterhin eine große Anzahl von Gesichtsbildern verdachtsunabhängig speichert. Sampson bemängelt, dass das Recht nicht mehr angemessen mit den technologischen Fortschritten, insbesondere im Bereich der biometrischen Gesichtserkennung mit künstlicher Intelligenz, mithalten könne.

Nach Aussage von Sampson gibt es im Vereinigten Königreich kaum noch Orte, die nicht von irgendjemandem beobachtet werden. Der Rahmen für die Regulierung weist Mängel auf, da er inkonsistent, unvollständig und in einigen Bereichen inkohärent ist.

Dank der Fortschritte in der Künstlichen Intelligenz ist es möglich, innerhalb kürzester Zeit Millionen von Bildern zu durchsuchen. Jedoch existieren bei der Polizei unzureichende Überwachungsmechanismen für den Einsatz solcher Technologien, während für den Privatsektor nahezu keine Regulierungen vorhanden sind. Aufgrund dessen besteht die Möglichkeit, dass Aufnahmen weit verbreitet werden, zum Beispiel mit Ermittlern, anderen staatlichen Institutionen oder ausländischen Regierungen.

Der Beauftragte berichtet, dass der High Court im Jahr 2012 den Ermittlern angeordnet hat, Fahndungsfotos von Personen zu löschen, die nie wegen einer Straftat angeklagt wurden. Dennoch wurden die geschätzten drei Millionen Gesichtsbilder bislang nicht gelöscht. Dies stellt eine besorgniserregende Situation dar, da diese Technologien nun dazu verwendet werden können, Menschenmengen mithilfe von KI-Systemen zu überwachen.

Laut der Polizei werden die Fotos in einer Datenbank gespeichert, die keine Möglichkeit zur Massenlöschung bietet. Sampson akzeptierte dies nicht als Entschuldigung, da die Polizei das System selbst entwickelt hat. Die Polizei arbeitet nun daran, die Aufnahmen in eine neue Datenbank zu migrieren, aus der zunächst alle Fotos, die weiterhin verwendet werden dürfen, in ein anderes System überführt werden sollen. Anschließend sollte der verbleibende Teil endlich entfernt werden. Ein derart komplizierter und um elf Jahre verzögerter Plan wird wahrscheinlich das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Polizei nicht stärken.

Sampson drückt auch seine Sorge darüber aus, dass die britische Regierung plant, Kameras des kontroversen chinesischen Anbieters Hikvision lediglich von sensiblen Orten wie Verteidigung und Geheimdiensten zu verbannen. Ursprünglich war ein umfassenderes Verbot im Gespräch. Der ehemalige Polizist Sampson erklärte, dass er persönlich ablehnen würde, eine entsprechende Bodycam zu tragen, und dabei auf seinen Amtseid verweisen würde. Hikvision habe angeblich versucht, Gespräche mit ihm unter der Bedingung einer Verschwiegenheitserklärung zu führen – eine Behauptung, die das Unternehmen jedoch bestreitet. Es wurde lediglich darum gebeten, dass Geschäftsgeheimnisse vertraulich behandelt werden, was von allen anderen zugesichert wurde.

Ein Vertreter des britischen Innenministeriums betonte, dass neue Technologien der Schlüssel zu einer effektiveren und effizienteren Polizeiarbeit seien und dass sie den Polizeikräften dabei helfen würden, Technologien wie Gesichtserkennung auf faire und angemessene Weise einzusetzen. Im Gegensatz dazu setzt sich das EU-Parlament für ein Verbot der massenhaften biometrischen Überwachung ein.

Großbritannien wird oft als Ursprungsland des geschlossenen Fernsehüberwachungssystems CCTV und als Nation mit umfassender Überwachung angesehen. Bereits vor einem Jahrzehnt schätzte ein britischer Industrieverband, dass staatliche Institutionen im gesamten Land etwa 70.000 Überwachungskameras betrieben. Zu dieser Zeit gab es bereits zwischen vier und sechs Millionen Kameras, sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor. In London wird voraussichtlich im Juli 2022 ein Verhältnis von etwa 13,4 Kameras pro 1000 Einwohner erreicht sein. Städte wie Schanghai oder Peking in China führen mit über sieben Millionen Kameras pro 1000 Einwohner die Liste an.

Schlagwörter: Videoüberwachung + Gesichtsbilder + Überwachungssystem

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  • 30. Oktober 2023