Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat entschieden, dass DNS-Resolver nicht für Urheberrechtsverletzungen über eine Domain im Netz verantwortlich gemacht werden können. Damit wurden vorherige Urteile aus Hamburg und Leipzig aufgehoben. Das OLG Köln entschied zudem, dass Sony die Kosten für das Verfahren tragen muss. Dies stellt einen bedeutenden Erfolg für die private Stiftung Quad9 dar, die als DNS-Resolver fungiert und ihren Sitz in der Schweiz hat.
Im Juni 2021 hatte Sony Deutschland vor dem Landgericht Hamburg eine vorläufige Verfügung gegen Quad9 erwirkt. Quad9 wurde darin aufgefordert, die Auflösung der Warez-Domain Canna.to zu verhindern. Die Richter in Hamburg entzogen dem Resolver-Betreiber die Haftungsprivilegien, die normalerweise für Zugangsvermittler gelten. Im Hauptverfahren vor dem Landgericht Leipzig wurde Quad9 sogar als verantwortlich für die Urheberrechtsverletzungen eingestuft. Als Reaktion darauf führte Quad9 einen Deutschland-spezifischen Filter ein und sperrte schließlich weltweit die Domain Canna.to, nachdem ein Ordnungsgeld angedroht wurde.
Der 14. Senat am OLG Dresden hat nun die Entscheidungen der Richter in Hamburg und Leipzig aufgehoben. Die Richter betonten, dass ein DNS-Resolver-Dienst keine Handlung zur Wiedergabe ausführt, wenn er nach Erhalt eines Hinweises auf eine Rechtsverletzung die Umwandlung in eine IP-Adresse nicht blockiert. DNS-Resolver übertragen keine Inhalte und speichern sie auch nicht. Ihre Funktion besteht ausschließlich darin, Domains in IP-Adressen umzuwandeln. Die Richter stellten fest, dass Quad9 im Vergleich zu einem Zugangsprovider weiter von der eigentlichen Tat der Urheberrechtsverletzung entfernt ist. Dennoch profitiert Quad9 von den Haftungsprivilegien gemäß dem Gesetz über die urheberrechtliche Verantwortlichkeit von Diensteanbietern für das Teilen von Online-Inhalten und dem Digital Service Act.
Das OLG Dresden betont, dass der Digital Service Act den Status von DNS-Resolvern explizit klargestellt hat. Resolver gehören zu den Vermittlern, die lediglich als Durchleiter fungieren. Die Verantwortlichkeit für die Nutzung von Plattformen wie Youtube ist laut dem Urteil auf Hostinganbieter begrenzt. Die Tatsache, dass Quad9 Schutzmaßnahmen gegen Schadsoftware anbietet, führt laut dem Urteil nicht zu einer aktiven Rolle und somit nicht zum Verlust des Haftungsprivilegs.
Die Anwälte von Sony behaupteten, dass Quad9 bereits Filtereinstellungen vorgenommen habe. Dadurch wurde ein negativer Präzedenzfall vermieden, wie es die Gesellschaft für Freiheitsrechte befürchtet hatte. Dennoch besteht die Gefahr noch nicht gänzlich abgewendet. Das Gericht erkennt die Option an, Resolver zu zwingen, Blockierungen vorzunehmen, falls es keine andere Möglichkeit gibt, Ansprüche durchzusetzen.
Das OLG Dresden hat vorerst keine Revision gegen das Urteil genehmigt. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass Sonys Anwälte eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einreichen. Auch Cloudflare plant, gegen das Urteil zugunsten seines DNS-Resolvers 1.1.1.1 eine Nichtzulassungsbeschwerde einzureichen. Das Unternehmen möchte klären lassen, welche Funktionen Content Delivery Networks (CDNs) haben und inwieweit sie von Haftungsprivilegien profitieren.
Schlagwörter: DNSResolver + Urheberrechtsverletzungen + Haftung
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