Klima- und Wettermodell ICON nun als Open Source verfügbar – Fortschritt für die Forschung und Transparenz

Das renommierte Klima- und Wettermodell ICON steht seit Februar unter einer Open-Source-Lizenz zur Verfügung. Ein Forschungsteam aus Deutschland und der Schweiz, darunter die Empa, hat damit einen bedeutenden Fortschritt in der Klima- und Wetterforschung erzielt und das Modell für die breite Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das Ziel dieser Maßnahme ist es, die Wissenschaft und die wissenschaftlichen Dienste transparenter zu gestalten und weitere Fortschritte in der Forschung zu ermöglichen, von denen die Gesellschaft in Zeiten des Klimawandels besonders profitieren kann.

ICON, ein numerisches Wettermodell namens ICOsahedral Non-hydrostatic modelling framework, nutzt dreidimensionale Computersimulationen, um Veränderungen in der Atmosphäre für die kommenden Stunden und Tage zu berechnen. Nationale Wetterdienste wie das Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie (MeteoSchweiz) nutzen häufig solche Wettermodelle.

Die Forschungsinstitutionen und Entwickler hinter ICON sind das Schweizer Center for Climate Systems Modeling (C2SM), das Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz, die ETH Zürich, die Empa, das WSL, das Deutsche Klimarechenzentrum (DKRZ), der Deutsche Wetterdienst (DWD), das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und das Max-Planck-Institut für Meteorologie (MPI-M). Diese Zusammenarbeit zwischen Forschung und nationalen Wetterdiensten hat sich als äußerst vorteilhaft erwiesen, wie ICON zeigt. Durch die enge Kooperation in den Entwicklungsphasen werden äußerst effiziente Wetterprognosen und Klimaprojektionen ermöglicht, von denen sowohl die Forschungsgemeinschaft als auch die Bevölkerung profitieren.

Die Veröffentlichung des Quellcodes ist ein bedeutender Schritt, um das Vertrauen in die Wissenschaft und die Forschungseinrichtungen zu stärken. Das ICON-Modell befindet sich derzeit in der Testphase bei MeteoSchweiz, mit dem Ziel, es noch in diesem Jahr für die tägliche Wettervorhersage einzuführen.

Ursprünglich wurde ICON als Atmosphären- und Wettervorhersagemodell in Zusammenarbeit zwischen dem DWD und dem MPI-M entwickelt. Heutzutage wird es sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz für die operative Wettervorhersage verwendet. Das MPI-M hat im Bereich der Klimaforschung passende Modelle für weitere Komponenten des Erdsystems entwickelt. Diese ermöglichen es, ICON als ein vollständig gekoppeltes Klima- und Erdsystemmodell zu verwenden. Zusätzlich zur Modellkomponente für die Ozeanzirkulation sind auch Modelle für die marine Biogeochemie, die Landbiosphäre und die hydrologischen Prozesse vorhanden.

Dank des speziell entwickelten Community Interface ComIn haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Möglichkeit, das ICON-Modell durch eigene Plug-Ins zu erweitern, ohne den komplexen Modellcode anpassen zu müssen. Diese Maßnahme fördert nicht nur die Flexibilität in der Forschung, sondern auch das Innovationspotential innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft.

Am KIT wurde eine Modellkomponente namens ICON-ART entwickelt, die es ermöglicht, Aerosole und atmosphärische Chemie vorherzusagen und deren Wechselwirkung mit dem physikalischen Zustand der Atmosphäre zu berücksichtigen. Die Empa hat einen Beitrag zur Entwicklung von ICON-ART geleistet und dabei unter anderem ein Modul entwickelt, das eine effiziente Integration von Emissionsdaten ermöglicht. Zudem wurde ein detailliertes Schema für chemische Reaktionen implementiert, das für Simulationen der Luftqualität von großer Bedeutung ist.

Die Softwarekomponente YAC, die für die Kopplung der Teilmodelle erforderlich ist, wurde in Zusammenarbeit zwischen dem DKRZ und dem MPI-M entwickelt und von Anfang an als Open Source veröffentlicht. Das Open-Source-Release enthält alle Teilmodelle und Versionen, wodurch ICON in verschiedenen Auflösungen und Konfigurationen verwendet werden kann, um eine Vielzahl von Anwendungen zu ermöglichen. Dazu gehören globale und regionale Wettervorhersagen, Klimaprojektionen sowie hochauflösende digitale Repräsentationen des Erdsystems.

Die Open-Source-Lizenzierung des ICON-Modellcodes ist ein bedeutender Fortschritt hin zu offener, transparenter, qualitätsgesicherter und kollaborativer Wissenschaft. Dank der Verfügbarkeit eines der führenden Modelle für Wettervorhersagen und Klimasimulationen haben Forscherinnen und Forscher weltweit die Gelegenheit, darauf aufzubauen und gemeinsam an wegweisenden Projekten zu arbeiten. Die Lizenz ermöglicht auch eine kommerzielle Nutzung.

Die Veröffentlichung erfolgt vor dem Hintergrund einer sich verändernden Forschungslandschaft, die eine intensivere Kooperation und den Austausch von Wissen begünstigt. Durch die Veröffentlichung als Open-Source-Software wird es einfacher, ICON in internationale Forschungskooperationen zu integrieren und stärkt die Position Europas als führende Kraft in der Klima- und Wetterforschung. Darüber hinaus erleichtert sie eine effizientere Kooperation mit Herstellern von Supercomputern, die mithilfe von Wetter- und Klimamodellen die Leistungsfähigkeit ihrer Hardware testen und optimieren können.

Dominik Brunner, Leiter der Gruppe für Atmosphärische Modellierung und Fernerkundung in der Empa-Abteilung für Luftverschmutzung / Umwelttechnologie, ist davon überzeugt, dass die Open-Source-Lizenzierung den Austausch mit wissenschaftlichen Partnern vereinfacht und die Gründung innovativer Start-ups im Umweltbereich unterstützt. ICON-ART in Verbindung mit Bodenmessungen und Satellitendaten ermöglicht es zudem, die Quellen von Treibhausgasen und Luftschadstoffen noch genauer zu identifizieren und zu quantifizieren. Ein beeindruckendes Beispiel dafür wurde kürzlich von Brunners Team auf der Expertenplattform EGUsphere veröffentlicht. Die Forscher haben mithilfe von ICON-ART eine Schätzung der Methanemissionen für ganz Europa durchgeführt und diese mit den offiziell gemeldeten Mengen der einzelnen Länder verglichen. Laut dem Empa-Forscher stimmt dies in vielen Ländern sehr gut überein, wobei einige Länder sogar geringere Emissionen aufweisen als berichtet, während andere deutlich höhere Emissionen haben können. Die Studie wird in Kürze im wissenschaftlichen Fachjournal Atmospheric Chemistry and Physics veröffentlicht.

Schlagwörter: ICON + MeteoSchweiz + Deutschland

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  • 6. Februar 2024