ZuSiNa-Projekt: Bessere Nachhaltigkeitsinformationen für Online-Shopping

Immer mehr Kund:innen legen beim Online-Shopping Wert auf fair gehandelte und nachhaltige Produkte. Sie möchten nicht nur gut gekleidet sein, sondern auch ein gutes Gewissen haben. Doch oft gestaltet es sich schwierig, diese Informationen zu erkennen, da Zertifizierungen und Siegel häufig unklar und undurchsichtig sind. Das Projekt ZuSiNa (»Besserer Zugang und Sichtbarkeit von Nachhaltigkeitsinformationen im Online-Handel«) hat sich dieser Problematik angenommen und nach Lösungen gesucht.

In Zusammenarbeit mit Forschungs- und Praxispartnern wie dem Fraunhofer ISI, dem Fraunhofer IAO, ConPolicy und dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz wurde ein Online-Guide erstellt. In diesem werden die Ergebnisse präsentiert und technische sowie KI-basierte Lösungsansätze angeboten.

Der Textilsektor umfasst viele verschiedene Aspekte der Nachhaltigkeit. Die ökologische Nachhaltigkeit wird beispielsweise von den verwendeten Materialien und Chemikalien, dem Wasserverbrauch und dem Umgang mit giftigen Abfällen beeinflusst. Die soziale Nachhaltigkeit von Kleidungsstücken und anderen Textilien wird durch Produktionsbedingungen, Arbeitnehmer:innen-Rechte und den Schutz vor Kinderarbeit bestimmt. Beim Online-Kauf von Mode suchen Verbraucher:innen oft vergeblich nach solchen Informationen zu bestimmten Produkten.

Das Forschungsprojekt ZuSiNa beschäftigt sich seit März 2022 mit der Verbesserung der Nachhaltigkeitsinformationen im Online-Handel. Das Bundesumweltministerium fördert das Projekt als KI-Leuchtturmprojekt. Durch eine Umfrage unter 1873 Teilnehmenden wurden die wichtigsten Nachhaltigkeitsinformationen beim Online-Kauf von Kleidung ermittelt. Die Ergebnisse zeigen, dass vor allem Informationen über soziale Herstellungsbedingungen, wie der Umgang mit Kinder- oder Zwangsarbeit, großes Interesse finden. Auch Merkmale im ökologischen Bereich, die Verbraucher:innen direkt betreffen, wie die Langlebigkeit eines Kleidungsstücks oder die Verwendung von Chemikalien in der Produktion, sind beim Kauf von hoher Bedeutung.

Um Informationen über die Nachhaltigkeit von Produkten im Internet zu vermitteln, gibt es verschiedene Ansätze wie Siegel, Symbole, Filter oder farbliche Hervorhebungen. Untersuchungen zeigen, dass es einen deutlichen Wunsch nach Vereinfachung und zuverlässiger Orientierung gibt, um zwischen vertrauenswürdigen Nachhaltigkeitsinformationen und Werbeaussagen (einschließlich Greenwashing) unterscheiden zu können. Im Bereich der Lebensmittelbewertung gibt es bereits den Nutri-Score, der den Nährwert eines Produkts auf einer farbigen Skala mit den Buchstaben A bis E anzeigt. Im Textilsektor könnte ein ähnlicher Score den Nachhaltigkeitsgrad eines Kleidungsstücks anzeigen. Bisher gibt es jedoch keine einheitlichen Datengrundlagen und Bewertungsmethoden für die Nachhaltigkeit von Textilien.

Im Rahmen von ZuSiNa haben die Wissenschaftler:innen die Auswirkungen eines solchen Textil-Scores auf die Einstellungen, das Wissen und die Entscheidungen von Verbraucher:innen untersucht. In einem umfangreichen Online-Experiment mit über 2000 Teilnehmern wurde analysiert, ob die anschauliche Darstellung eines Textil-Scores das Informationsbedürfnis der Kund:innen befriedigt und sie dazu ermutigt, nachhaltige Kleidungsstücke zu kaufen. Tatsächlich stieg im Experiment die Bereitschaft, nachhaltige T-Shirts zu kaufen, wenn diese mit einem Textil-Score versehen waren. Besonders wenn der Score eine Legende zu den bewerteten Nachhaltigkeitsdimensionen enthielt, wurde er als weitaus glaubwürdiger wahrgenommen. Das Projekt hat gezeigt, dass ein mehrstufiger Textil-Score eine wirksame Methode sein könnte, um Verbraucher dazu zu motivieren, nachhaltigere Kaufentscheidungen zu treffen. Das Interesse an nachhaltigen Textilien steigt auch, wenn nachhaltige Alternativprodukte mit Umweltsiegeln empfohlen werden.

Bisher müssen Online-Händler und Vergleichsportale oft manuell recherchieren und Informationen darüber einbinden, welche Produkte mit welchen Siegeln zertifiziert sind. Im Rahmen von ZuSiNa wurde eine prototypische Datenschnittstelle entwickelt, über die Online-Shops zuverlässige Informationen zur Zertifizierung von Textilien abrufen und anzeigen können. Diese Open-Source-Anwendung kann von Siegelorganisationen kostenlos in ihre Systeme integriert werden. Darüber hinaus wurden technische Lösungen, teilweise unterstützt durch Künstliche Intelligenz, entwickelt, um detailliertere Informationen zur Nachhaltigkeit von Textilien darzustellen. Ein KI-Algorithmus analysiert Berichte von vertrauenswürdigen Nichtregierungsorganisationen und wissenschaftlichen Publikationen und liefert automatisch Informationen zur Nachhaltigkeit von Bekleidungsmarken. Durch die Weiterentwicklung dieses Tools könnten Online-Shops zukünftig die Inhalte ihrer Webseiten erweitern oder Kund:innen die Möglichkeit geben, sich über die Nachhaltigkeit einer Marke zu informieren.

Die Wissenschaftler:innen betonen, dass es notwendig ist, verschiedene Akteure aus ganz Europa zusammenzubringen, um eine einheitliche Nachhaltigkeitskommunikation zu erreichen. Ein verbindlicher Rechtsrahmen ist erforderlich, um irreführende Greenwashing-Behauptungen zu untersagen und soziale Behauptungen sorgfältig zu prüfen. Einheitliche und verlässliche Kennzeichnungen sind dringend erforderlich. Das geplante EU-Projekt für einen digitalen Produktpass könnte in dieser Hinsicht von Bedeutung sein, und auch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz kann unterstützend wirken.

Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI beschäftigt sich mit der Analyse der Entstehung und Auswirkungen von Innovationen. Mit umfangreicher wissenschaftlicher Expertise und einem ganzheitlichen Forschungsansatz unterstützen sie Auftraggeber aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft bei wichtigen Entscheidungen. Das Institut betont die Notwendigkeit eines verbindlichen Rechtsrahmens und lobt die Politik für den bereits erfolgten wichtigen Schritt mit der Green Claims Directive. Es ist von großer Bedeutung, dass nicht nur irreführende Greenwashing-Behauptungen rechtlich untersagt werden, sondern auch soziale Behauptungen sorgfältig geprüft werden. Einheitliche und verlässliche Kennzeichnungen sind dringend erforderlich.

Kontakt für Medienanfragen:
Anne-Catherine Jung, Leiterin Presse und Kommunikation
Telefon: 49 721 6809-100
E-Mail: presse@isi.fraunhofer.de

Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI beschäftigt sich mit der Analyse der Entstehung und Auswirkungen von Innovationen. Das Institut bietet Auftraggebern aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft konkrete Handlungsempfehlungen und Perspektiven, um wichtige Entscheidungen zu unterstützen. Mit umfangreicher wissenschaftlicher Expertise und einem ganzheitlichen und interdisziplinären Forschungsansatz ist das Fraunhofer ISI in der Lage, langfristige und kurzfristige Veränderungen von Innovationsprozessen sowie die gesellschaftlichen Auswirkungen neuer Technologien und Dienstleistungen zu untersuchen.

Schlagwörter: ZuSiNa + ISI + Fraunhofer IAO

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  • 6. März 2024